Alles wird gut mit den neuen Sozialzentren? Beratungsstellen zweifeln

„Wie soll das gehen“, fragen die beiden Frauen in einem Büro in der Hemelinger Bahnhofstraße, „mehr Qualität bei weniger Geld?“ Margot Müller und Inge Gräfe-Heigl beraten für die Solidarische Hilfe SozialhilfeempfängerInnen. Die Ideen, die hinter der Sozialamts-Reform stehen, seien gut, finden sie. Aber dass die Umsetzung funktioniert angesichts der Zwänge zum Geld- und Personalsparen – das bezweifeln sie sehr. Sie trauen den Amtsmitarbeitern kaum eine 180-Grad-Wendung zu. „Die Untertanenmentalität“, sagt Gräfe-Heigl, „wird bleiben.“ Margot Müller erzählt: „Manchmal sitzen die Leute hier und heulen und zittern am ganzen Leib.“ Nach ihrem Gang zum Sozialamt. Wer ohne Termin aufs Amt gehe, „wird ganz mies angemacht“, die Bearbeitungsdauer mancher Anträge sei unzumutbar: Menschen ohne Krankenversicherung müssen lang vereinbarte Arzttermine um Wochen verschieben, weil niemand im Amt einen Krankenschein ausfüllt. Einer Alleinerziehenden, psychisch krank, sei gedroht worden: „Sie sind eine der ersten für die aktivierenden Fallmanager!“ Einer jungen Frau, die wegen einer Krebserkrankung ihr Studium und ihren Job aufgeben musste, wurde erstmal erklärt, sie müsse sich eine billigere Wohnung suchen – alles Episoden, die Müller und Gräfe-Heigl nicht hoffen lassen.

Beide wissen um die Arbeitsbelastung im Amt – und sie wissen, dass es Sachbearbeiter gibt, die es ernst meinen mit Bürgernähe und Servicedenken. „Die Sachbearbeiter, die vernünftig arbeiten, lernen wir kaum kennen.“ Zu ihnen kommen Menschen, die sich vom Amt nicht gut beraten fühlen. Rund 2.000 mal im Jahr.

Gerade in diesen Wochen, wenn die Beschäftigten der Sozialzentren in Sachen Service geschult werden, häufen sich die Beschwerden: Ämter blieben wochenweise geschlossen, Anträge auf Hilfe würden noch schleppender behandelt. Und während Sozialsenatorin Röpke sich vom obersten Amtschef Hartwig das Sozialzentrum Mitte präsentieren ließ, bleiben 18 Fragen der grünen Bürgerschaftsfraktion ans Ressort zur Personalsituation in den Sozialzentren, zu Bearbeitungsdauern und Beschwerdehäufungen weiter unbeantwortet – man brauche noch bis Ende Mai.

sgi