„Sicher kann man sich nie sein“

Wer aggressiv auftritt, für den ist Feierabend, sagt Rolf Grötzner, ehrenamtlicher Jugendsportwart bei der Schützengilde Berlin. Und Leute, die ausflippen, gibt es überall

taz: Wie hat die Vereinsjugend auf Erfurt reagiert?

Rolf Grötzner: Die Jugendlichen gehen damit sehr offen um. Aber auch sie ärgert die Verallgemeinerung: Das war ein Schütze, Schützen sind kriminell. Dabei kann es in jedem Umfeld Leute geben, die plötzlich ausflippen.

In Berlin gibt es etwa 7.000 Sportschützen. Wie viele Jugendliche sind darunter?

Ungefähr 700 von 12 bis 20 Jahren. Aber nur 100 trainieren regelmäßig. Fast alle übrigens mit Luftdruckwaffen, nur sehr wenige mit Kleinkaliber.

Wie begutachtet man, ob ein Jugendlicher schießen darf?

Zwei Trainer oder Übungsleiter müssen immer auf dem Schießstand sein, die achten auch darauf, ob der Neue den Sport ausüben will oder nur just for fun mit Waffen ballern. Da die meisten über Freunde zu uns kommen, kann man den Hintergrund gut beleuchten: Wie ist denn der bei euch in der Schule? Man spricht auch mit den Eltern und empfiehlt im Zweifel, das Schießen zu lassen.

Gibt es Warnsignale?

Wenn jemand eindeutig aggressiv auftritt, dann ist ganz schnell Feierabend. Wir können uns keine Fehler leisten, wir stehen ständig unter der Lupe. Manchmal fällt es aber schwer zu unterscheiden, ist der aggressiv oder nur quirlig.

Kommt es vor, dass Sie jemanden ablehnen?

Das ist die absolute Ausnahme. Deshalb nehmen wir uns bewusst über sechs Wochen Zeit – der Jugendliche kann uns beschnuppern und wir ihn und auch die Eltern –, bis wir wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Hat man das in Erfurt versäumt?

Hundertprozentig sicher kann man sich eben nie sein. Ich frage mich nur, wie kann der Amokschütze an diese Waffen kommen. Normalerweise sind die im Verein unter Verschluss. Wer sie zu Hause lagern will, braucht man eine Extragenehmigung. Das wird alles kontrolliert. Wenn über ihn tatsächlich bekannt war, dass er ein etwas seltsamer Typ war, warum wendet sich niemand an den Verein? Der hatte großkalibrige Waffen, und er hatte Probleme. In so einer Situation sind auch andere gefragt, nicht nur die Vereine.

Bekommt man denn mit Waffenschein eine Pumpgun?

Mir ist das völlig unverständlich. Man kann eigentlich nur Waffen kaufen, die man für den Sport braucht – es sei denn, man ist Jäger. Wenn ich mir eine Pumpgun kaufen wollte, würden die mir sagen: „Herr Grötzner, das ist keine Sportwaffe. Die bekommen Sie nicht.“ Und Schluss.

INTERVIEW: JAN ROSENKRANZ