Referendum mit klarem Ausgang

Heute stimmen die Pakistaner darüber ab, ob ihr Präsident Pervez Muscharraf noch fünf weitere Jahre im Amt bleibt. Dank zahlreicher Manipulationen ist der Sieg dem General so gut wie sicher. Kritik aus dem Ausland lässt Muscharraf kalt

von BERNHARD IMHASLY

Heute sind 65 Millionen Pakistaner aufgerufen, über eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Pervez Muscharraf um fünf Jahre zu entscheiden. Über den Ausgang gibt es keine Zweifel: Muscharraf wird die Volksbefragung gewinnen. Vor drei Tagen hatte er die letzte Hürde genommen: zahlreiche Petitionen, die die Verfassungsmäßigkeit des Urnengangs bestritten hatten. Am Samstag hatte das Oberste Gericht verfügt, dass das Referendum nicht verfassungswidrig sei. Die einzige Frage für Muscharraf ist, wie viele Jastimmen er erhalten und wie hoch die Stimmbeteiligung ausfallen wird. Frühere Militärherrscher wie Ayub Khan und Zia al-Haq hatten 98 und 96 Prozent Jastimmen bekommen.

Muscharraf hat nichts unversucht gelassen, um es ihnen gleichzutun. Er hat mit einer kurzfristigen Ankündigung verhindert, dass die Parteienopposition sich organisieren konnte. Während er dieser gerade einen Tag einräumte, um sich zu äußern, hielt er zahlreiche Wahlreden, über die die staatlichen Medien ausführlich berichteten. Die Lokalbehörden sind aufgerufen, die Wähler an die 87.000 Urnen zu lotsen. Das Wahlalter wurde auf 18 herabgesetzt. Auf Sicherungen gegen Wahlbetrug wie Wählerlisten wird verzichtet, sodass ein Wähler an mehreren Urnen abstimmen kann.

Doch die Blitzkampagne hat für Muscharraf ihren Preis. Zeitungen, die den Urnengang mehrheitlich als undemokratisch zurückweisen, stellen fest, dass Muscharraf von seinem Podest als Retter der Nation heruntersteigen musste und zum Politiker wurde. „Mit welchem Recht bedient sich der Präsident für seinen Wahlkampf des Staatsapparates und öffentlicher Mittel“, fragte die in Lahore erscheinende Friday Times. „Tut er nicht dasselbe wie Nawaz Scharif und Benazir Bhutto, die er als inakzeptabel kritisierte, weil sie mit ihrer Hand in der Staatskasse erwischt wurden?“

Kritik der Presse hat der General toleriert, doch bei einer Wahlkampfrede wurden Journalisten von Polizisten verprügelt. Ein Vorredner hatte das Publikum aufgerufen, die anwesenden Berichterstatter mit „Schande“-Rufen zu belegen, weil sie den Präsidenten kritisiert hatten.

Ähnlich lauten die Vorwürfe der Opposition gegen Muscharraf. In seiner historischen Rede vom 12. Januar hatte er den islamistischen Organisationen den Kampf angesagt und die radikalsten verboten. Von den 2.000 verhafteten Anhängern wurden 70 Prozent wieder freigelassen. Die Reform der Madrassen kommt nicht vom Fleck, die Infiltration von Militanten in Kaschmir hat nicht nachgelassen.

Muscharraf hat im Gegenteil im Wahlkampf mit kämpferischen Ausdrücken Spannung geschürt. Der Abstieg des Generals in solche politischen Niederungen hat auch dem Ausland in Erinnerung gerufen, dass Pakistan einer der wenigen Militärstaaten in Asien bleibt. Das Commonwealth monierte, dass eine 5-jährige Präsidentschaft nicht Teil der versprochenen Demokratisierung ist, und Stimmen aus dem EU-Parlament betrachten das Referendum als verfassungswidrig und drohen mit einer Blockierung des Handelsvertrags.

Solche Drohungen dürften Muscharraf nicht beunruhigen, denn er fühlt sich vor jeder Kritik des wichtigsten Verbündeten sicher. Für die USA bleibt als einziges Nahziel die Zerstörung des Netzwerks von Ussama Bin Laden. Ihre Spezialtrupps operieren in Pakistan gegen Al-Qaida-Ziele und sie wollen den Goodwill des Generals nicht mit Hinweisen auf Demokratiedefizite gefährden. Muscharraf hofft auch, dass er von weiten Teilen der Bevölkerung immer noch als einzige Alternative gesehen wird. Doch zeigen die administrativen Vorkehrungen, dass er keine Risiken eingehen will. Er werde auf jeden Fall Chef der Streitkräfte bleiben, sagte er unlängst. Und er wollte sich nicht festlegen, ob er bei einem negativen Votum zurücktreten werde. Seine Messlatte liegt tief. Bereits eine Beteiligung von 30 Prozent werde er als Erfolg werten.