Gutgelaunter Arbeiterkampftag durch friedlichen Kampftrinktag am Osterdeich eingeleitet

Ein sonniger 1. Mai bescherte der Kundgebung des DGB auf dem Domshof über 3.000 Teilnehmer. Bei Heidi-Lachs, Asia-Pfanne, Kaffee und Haake-Beck lauschte das bunt gemischte Volk den Redern und Rednerinnen und später auch den Dixie-Klängen von der Tribüne. „Globalisierung gerecht gestalten“ lautete das Motto, unter dem längst nicht nur Gewerkschaften an diesem Tag gemeinsam demonstrierten: Gruppen und Grüppchen hielten Transparente gegen die Abschiebung der kurdischen Libanesen, gegen die Haftbedingungen politischer Häftlinge in der Türkei und gegen die Ausweisung tamilischer Familien in die Höhe. Die Globalisierungsgegner von Attac warben ebenso für ihre Sache wie die SPD und die PDS, die jeweils Zelte aufgestellt hatten. Das Wetter sorgte für Gelassenheit, ein jeder plauderte mit jedem. Der Hauptredner Lorenzo Centenari aus Italien übermittelte insbesondere „la IG Metall“ solidarische Grüße aus dem Nachbarland für den allem Anschein nach unmittelbar bevorstehenden Arbeitskampf. Mit Berlusconi hätten sie in Italien einen Gegner, der die Gewerkschafter neu eine im Kampf gegen Privatisierung und Fremdenfeindlichkeit.

Jessica Winselmann von der DGB-Jugend wandte sich gegen Kürzungen der „Bildungsabbau-Behörde“ im Berufsschulbereich. Für die IG Bau sagte Geschäftsführer Wolfgang Jäger: „Uns droht zum ersten Mal seit 20 Jahren ein Arbeitskampf“, rief er, die Arbeitgeber hätten alle Tarifverträge gekündigt, „und nicht, um sie zu verbessern“. Er musste die branchenübliche Gratwanderung zwischen Ausländerfeindlichkeit und Solidarität meistern: „Heimische Bauleute werden ersetzt durch ausländische Billigarbeiter, das werden wir uns nicht mehr gefallen lassen“. Gleichzeitig stünden die Ausländer am Ende der Kette. „Hier entsteht ein Einkaufspark mit Rakete, da arbeiten Subunternehmen mit Subunternehmen und die wieder mit Subunternehmen – den letzten beißen die Hunde“. Auf keinen Fall hinnehmen werde die IG Bau die Absicht der Unternehmer, die Jahresarbeitszeit um 200 Stunden zu erhöhen. „Dann gehört Papi am Samstag nämlich Zech“.

Schon am Dienstagabend feierte Bremen am Osterdeich in den Mai. Neben dem traditionellen Bierzelt der SPD gab es erstmals auch eine Party für die Jüngsten. Unter dem Eindruck vergangener Alkoholexzesse hatten Initiativen aus dem Viertel eine Tanzparty in zwei Zelten organisiert. Die war ein voller Erfolg, nicht nur in Dezibel gemessen: Der Deich dröhnte unter fetten Hip-Hop- und Drum'n'Bass-Beats, dass es den Herren vom Deichverband Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hätte. Hochkarätige Rapper aus der Schweiz, Großbritannien und Bremen, von Jugendlichen ausgewählt, machten den Deich zur coolsten Location der Stadt – und das alles umsonst und draußen. Weit über 1.000 Jugendliche ließen sich auch vom kühlen Wetter nicht abhalten, tanzten sich bei Bedarf warm. Die Stimmung war enspannt wie selten am 30. April.

„Das war ein ganz guter Anfang“, resümiert Organisator Uli Barde vom Sportgarten bescheiden. „Aber um den Alkoholkonsum in den Griff zu bekommen, müsste man natürlich viel mehr machen.“ Richtig: Auch diesmal war es für viele wieder ein Rausch in den Mai. Sorgen machen Barde vor allem, wie jung die Zecher zum Teil sind. „Manchmal sind nicht mal die Eltern zu erreichen.“

Zwölfmal musste die Feuerwehr Schnapsleichen abtransportieren, ansonsten meldeten Rettungssanitäter wie Polizei eine „durchschnittliche Großveranstaltung“ ohne besondere Vorkommnisse. Für Barde ist der größte Erfolg, dass es in diesem Jahr kaum größere Schlägereien gab.

hey/jank Fotos: Kerstin Rolfes