Weiterwursteln in Indien

Regierung übersteht Misstrauensvotum, wirkt aber geschwächt und konfus

DELHI taz ■ Indiens Regierung hat eine Vertrauensabstimmung im Parlament knapp überstanden. Die Debatte über Oppositionsvorwürfe, die Regierung habe bei den schweren religiösen Unruhen im Bundesstaat Gujarat versagt, drohte eine Regierungskrise auszulösen, als wichtige Koalitionspartner der herrschenden hindu-nationalistischen BJP (Indische Volkspartei) beschlossen, sich zu enthalten, nachdem sie von Premierminister Vajpayee vergeblich die Absetzung der Provinzregierung von Gujarat gefordert hatten. In einem Parteienschacher brachte die BJP darauf eine Kastenlosen-Partei auf ihre Seite und sicherte sich damit die Mehrheit. Im Gegenzug musste die BJP mit der Kastenlosenpartei eine Koalition im größten Bundesstaat Uttar Pradesh eingehen, in der sie den Juniorpartner spielt.

Trotz des Rücktritts von zwei Ministern kurz vor der Abstimmung gewann die Regierung das Vertrauensvotum mit einer komfortablen Mehrheit von 94 Stimmen. Es war dennoch ein bitterer Sieg für Vajpayee. In einer sechzehnstündigen Debatte klagten Opposition und Koalitionspartner die BJP an, in Gujarat pogromähnliche Zustände zugelassen zu haben. Statt den Provinzchef Narendra Modi zu entlassen, habe Vajpayee ihn in Schutz genommen.

In seiner Replik wandte sich Vajpayee gegen den Vorwurf, hinter seinem Image als gemäßigter Säkularist verberge sich ein Muslim-Hasser. Seine Rede bestätigte aber erneut diesen zwiespältigen Eindruck. Zu seiner Empörung über die Schlächtereien in Gujarat gesellte sich kein Wort der Kritik an den Tätern und ihren Hintermännern. Diese Kritik wird der Zivilgesellschaft und dem Ausland überlassen. BERNARD IMHASLY