Bremens VEB Weinhandel pleituös

■ Die Posse um den Staatsbankrott im Ratskeller: Haushaltsausschuss muss heute mal wieder 500.000 Euro nachbewilligen, weil die GmbH mit ihrem Zuschuss nicht auskommt. Shop im Hansa-Carree macht dicht

Wenn heute der Haushaltsausschuss- und Finanzausschuss der Stadtgemeinde Bremen zusammentritt, geht es mal wieder um den staatlichen Weinhandel. Die Herren über mehr als drei Milliarden Euro Staatsetat und 10 Milliarden Euro Staatsschulden versuchen nämlich nebenbei, das Weingeschäft des Bremer Ratskellers zu steuern. Seit Jahren scheitern die VEB Weinhandel an dieser Aufgabe – dabei geht es in den Sitzungen immer ohne Alkohol zu.

500.000 Euro sind diesmal fällig, sonst ist die Ratskeller-GmbH pleite. Bewilligt werden soll auch diesmal wieder nur, wenn das Defizit im laufenden Jahr geringer ausfällt. Eine typische Bremen-Posse.

Subventionen für die Ratskeller GmbH – das ist schon seit 1993 so. 1,3 Millionen Mark mussten damals bewilligt werden, der Finanzsenator war geschockt und nahm erst mal einen Schluck. Die Unternehmensberater von Fides erstellten nach der Finanzspritze ein erstes Gutachten. Ergebnis damals: Es gebe ein „strukturelles Defizit“ in Höhe von 260.000 Mark, weil die alten Kellergewölbe eine moderne Liefer-Logistik nicht erlaubten. Außerdem sei der staatliche Weinhandel mit Pensionen belastet, die es in der Privatwirtschaft nicht gebe. Aber: Bremen sollte aus Image-Gründen die alten Kellergewölbe weiter für den Wein nutzen. Deshalb sollte wenigstens das Strukturdefizit bewilligt werden, der Rest, gut eine Million, sollten die staatlichen Weintrinker selbst erwirtschaften.

Dafür wurde ein Controlling eingeführt, ein neuer Geschäftsführer musste her. Vor allem aber sollte die Ratskeller-GmbH expandieren und quer über Bremen Weinläden eröffnen, die mit ihren Überschüssen das Defizit des Kellers auf unter die 260.000 Mark pro Jahr drücken sollten. Die Haushälter waren begeistert und bewilligten eine halbe Millionen – „eine Investition in die Zukunft“.

Der private Weinhandel fürchtete schon einen volkseigenen Bremer Weinhandel, verantwortet letztlich vom CDU-Finanzsenator. Aber es sollte anders kommen: Man mietete Läden an, die die Privaten dankend abgelehnt hatten, im Walle-Center und auch im Hansa-Carree.

Leider liefen die Läden schlecht, eine „Vollkosten-Rechnung" der Expansion gab es vorsichtshalber nicht, das Defizit der Ratskeller-GmbH stieg an. „Abmieten" war daher schon vor zwei Jahren die Parole, denn während Bremen sonst alles privatisiert, macht sich Weinhandel als staatliche Kernaufgabe schlecht. Aber: Die staatlichen Weinhändler hatten Läden mit Mietverträgen bis zum Jahre 2009 gemietet – ohne Ausstiegsklausel. Die Verhandlungen gestalteten sich also schwierig. Dann überlegten die staatlichen Weinverkoster im Herbst 2000, billige Weine zu verkaufen, um Edeka-Kunden anzulocken. Aber dann merkte jemand, dass es sich nicht mit dem exklusiven Image des Ratskeller-Weins verträgt, wenn er neben Lambrusco im Regal steht. Im Hansa-Karree soll nun Ende 2002 ganz Schluss sein, dafür müssen die Haushälter am Freitag 134.000 Euro Schließungskosten bewilligen. Im Walle Center aber blieb der Vermieter hart. Klar: Solche Vertragspartner wie die vom Staat findet man eben bis 2009 nicht mehr. Ende des vergangenen Jahres hatten die Aufsichtsorgane des staatlichen Weinhandels im Finanzressort wieder eine Idee: Beck & Co könnte doch den Ratskeller übernehmen, Bierausschank könnte erlaubt werden und "ab Sommer 2003" auch Außenbewirtschaftung unter den Arkaden. Maritim, der Pächter der Gastronomie, sollte abgelöst werden. Wenn es eine Biergastronomie wird, ist es eben nicht mehr der Bremer Ratskeller, sagt Kellermeister Karl-Josef Krötz zu solchen Plänen. So wird den Haushältern heute über den Stand der Bier-Idee nichts mehr mitgeteilt, der Pachtvertrag von Maritim läuft bis Ende 2003 – Zeit also, einen "überregional bekannten Gastronomieberater" einzuschalten. Zu den 133.000 Euro Miesen für „unrentierliche Kosten“, die im Haushalt schon beschlossen sind, stehen an diesem Freitag zusätzlich 134.000 Euro Ablöse für den Wein-Shop im Hansa-Carree auf dem Zettel, 70.000 Euro Ablösung von Altschulden, macht 204.000 Euro. Mit den 296.000 Euro Defizit aus dem laufenden Geschäft 2001 ergibt sich ein Zuschussbedarf von einer halben Million.

Der guten Ordnung halber teilt der Finanzsenator dem Haushaltsausschuss mit, dass die Ratskeller-GmbH an die Stadt natürlich keine Miete zahlt – das gilt als Verzicht auf etwa 120.000 Euro. Falls das Maritim Pacht an die Ratskeller-GmbH zahlt, was wir hier einfach mal unterstellen wollen, müsste man die zu dem Defizit hinzurechnen. K.W.