„Nur mit Gott im Kontakt“

Teilgeständnisse im so genannten Al-Qaida-Prozess bleiben widersprüchlich. Der Angeklagte Maroni lehnt auch einen muslimischen Pflichtverteidiger ab

FRANKFURT/MAIN taz ■ Am dritten Verhandlungstag im so genannten Al-Qaida-Prozess vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main sagen zwei Beamte des Bundeskriminalamtes als Zeugen aus. Sie waren im Dezember 2000 an der Festnahme von vier der fünf Angeklagten und der Durchsuchung ihrer Wohnung beteiligt.

Die beiden Polizisten trugen im Wesentlichen vor, was die Bundesanwaltschaft schon in ihre Anklageschrift hineingeschrieben hatte: In der von dem teilweise geständigen Angeklagten Aeurobi Beandali (26) angemieteten Wohnung seien Handfeuerwaffen, Chemikalien zur Herstellung einer Bombe, Pakete mit Nägeln, Haschisch und ein Notizbuch sichergestellt worden. Den Besitz von Sprengstoff, der offenbar in der Küche hergestellt wurde, und auch den der Waffen hatte Beandali am zweiten Prozesstag bereits eingeräumt. Aber eine Nagelbombe, wie es in der Anklageschrift heißt, hätten sie nicht bauen wollen.

Bei dem geplanten Anschlag auf die „jüdische Synagoge in Straßburg“ sollten eigentlich überhaupt keine Menschen zu Schaden kommen, so Beandali in seiner Aussage, die allen Prozessbeteiligten von der Kammer gestern auch schriftlich zur Verfügung gestellt wurde. Der Angeklagte Lamine Maroni (31), der wegen wüster Beschimpfungen des Gerichts und seiner Verteidiger zum Prozessauftakt von der Verhandlung ausgeschlossen worden war, rührte den für ihn offenbar unreinen Schriftsatz nicht an. Auch seine beiden Pflichtverteidiger duldet er nicht neben sich. Mit „Ungläubigen“, die „unzüchtige Handlungen begangen“ hätten, wolle er nichts mehr zu tun haben, sagte Maroni laut. Ob er denn auch muslimische Verteidiger ablehnen würde, wollte der Kammervorsitzende Karlheinz Zeiher von ihm wissen. „Ich habe nur Kontakt mit meinem Gott“, beschied Maroni knapp. Sonst brauche er niemanden.

Auch zur Aussage von Beandali verweigerte er jeden Kommentar. Seine Mitangeklagten nannte Maroni „Schafe“. Und mit „Schafen“ wolle er ganz bestimmt nichts mehr zu tun haben. Vor allem Beandali ist in seinen Augen wohl ein Verräter. Nicht umsonst haben sich neben dem Tisch von Maroni gleich vier Gerichtsdiener mit Handschellen in Position gebracht. Maroni sagte dann überhaupt nichts mehr. Und auch die anderen Angeklagten wollten „zu diesem Zeitpunkt“ keine Stellungnahmen abgeben.

So war Bundesanwalt Volker Brinkmann der einzige Prozessbeteiligte, der an diesem Tag die umfangreiche Aussage von Beandali kommentierte. Sie sei einerseits Bestätigung für „weite Bereiche der Anklage“. Andererseits seien einzelne Behauptungen „nur schwer mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen in Einklang zu bringen“, so Brinkmann. Der Angeklagte Salim Boukhari (30) etwa habe schließlich den Weihnachtsmarkt in Straßburg mit der Videokamera aufgenommen – und nicht die Synagoge. Da würde es doch gewisse Unterscheidungsmerkmale geben, so Brinkmann.

Eine Rolle spielen wird auch noch das in der Wohnung gefundene Notizbuch. Beandali hatte behauptet, dass seine Gruppe mit der Terrororganisation al-Qaida nichts zu tun gehabt habe. In dem Notizbuch fand sich allerdings die Handynummer eines mutmaßlichen Kontaktmannes von al-Qaida in Algerien. „Abu Doha“ soll zeitweise algerische Taliban-Kämpfer in Afghanistan ausgebildet haben.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT