BVB wird Meister

Die Schale ist nur Zwischenstation zu schönem Fußball. Trainer Sammer wird auch dafür noch sorgen

Man hätte es hier in Dortmund hingenommen, wenn Leverkusen es dieses Mal geschafft hätte. Man hatte sich ja praktisch schon damit arrangiert. Na gut, sollnse doch, werden wir eben Zweiter, von uns aus auch Dritter, Hauptsache, die Unaussprechlichen aus München sind nicht schon wieder der Haufen, auf den der Teufel sein großes Geschäft erledigt.

Andererseits sind Dortmunder Fans auch nicht dafür da, ausgerechnet so etwas wie Leverkusen die Daumen zu drücken. Dieser so genannte Verein taugt noch nicht mal dazu, sich anständig über ihn aufzuregen. Er bietet für Anhänger eines richtigen Fußballvereins einfach keine Angriffsfläche. Es ist einem Dortmunder nicht zu vermitteln, warum es Bayer 04 überhaupt geben muss. Schalke zum Beispiel muss es geben. Sogar für Köln gibt es Gründe. Aber Leverkusen? Wen interessiert das wirklich? Dass sie dort in dieser Saison eine Mannschaft haben, die guten Fußball spielt, ändert an der Tatsache, dass einem nichts fehlen würde, wenn es den Verein nicht gäbe, nichts.

Also wird man hier auch niemanden finden, der aufgrund der pathologischen Saisonabschlussschwäche Leverkusens in mitleidiges Geheule ausbricht. Man ist schließlich nicht vom Fußballfeuilleton, das sich jetzt allenthalben in ästhetischer Geschmackshuberei über „Eleganz und Schönheit“ ergießt.

Hier heißt es neuerdings wieder: „Wer wird deutscher Meister – nur der BVB!“ Nicht, dass man versucht wäre, mit den Leistungen der aktuellen BVB-Mannschaft großartig anzugeben. So viel Sachverstand ist vorhanden; die Erfolge und die Klasse der 90er-Jahre-Ensembles in der Ära Hitzfeld haben durchaus geschmacksbildend gewirkt. Außerdem kamen und kommen Großkotzigkeit und Arroganz gepaart mit aufgepfropfter Ruhrpott-Folklore bei großen Teilen des Publikums nicht so gut an. Unter anderem deswegen war man ganz froh, dass der so gar nicht zum Schaumachen neigende Trainer Matthias Sammer die sportliche Leitung übernahm. Und als es ihm nach einiger Zeit gelang, seine Mannschaft zu einer Leistung wie dem 4:0 gegen den AC Mailand zu führen, gab es endlich wieder die allgemeine Freude, die die Dortmunder so lange bei sich vermisst hatten. Die hätte man gerne wieder häufiger –und auf dem Weg dahin nimmt man auch eine alles in allem ziemlich unspektakulär erspielte Meisterschaft mit – und zwar ohne schlechtes Gewissen.

Dortmund wird deutscher Meister 2001/2002. Das ist gut und richtig so. Über die angebliche Tragödie der Leverkusener sollen sich deren 250 Fans und die im Sportteil verendeten Hilfsschriftsteller ausweinen. Sollte es Dortmund nicht schaffen, darf Leverkusen Erster werden. Der Grund dafür ist jedem empfindenden Menschen klar: Der Name des Vereins, der im schlimmsten denkbaren Fall profitieren würde, soll hier nicht nochmal zu lesen sein. Er wurde bereits einmal genannt. Und das war schon einmal zu viel.

FRITZ ECKENGA