Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

An diesem Mittwoch demonstriert die SPD ganz offen, dass sie mit der Wiedervereinigung endgültig jede Scham über Bord geworfen hat. Ausgerechnet am Tag des Kriegsendes, den „Tag der Befreiung“ zu nennen früher auch unter GenossInnen zum guten Ton gehörte, lädt sich die SPD den Geschichtsrevisionisten Martin Walser ins Willi-Brandt-Haus, um ihn mit dem Kanzler über die Nation diskutieren zu lassen. Das Trio perfekt macht Christoph Diekmann, der vor kurzem im von ihm so genannten „jüdischen Volkserwählungsglauben“ eine geistige Quelle des Nationalsozialismus ausgemacht haben wollte – als man ihn anschließend als Antisemiten angriff, wollte er nichts gesagt haben. Ähnlich Walser, der der Kritik Ignatz Bubis’ an seiner Friedenspreisrede, in der er unter anderem das Holocaustdenkmal als „Instrumentalisierung unserer Schande“ ansah, nur mit Schmollmund begegnete – Schröder sprang ihm zur Seite, indem er feststellte: „Ein Dichter darf so etwas sagen müsse. Ein Bundeskanzler darf das nicht.“ Jetzt darf der Bundeskanzler doch? Einige BerlinerInnen versuchen, dem Nationaltrio etwas entgegenzuhalten, da aber noch kein Ort feststeht und eine Demo direkt vorm Willi-Brandt-Haus unwahrscheinlich ist, ist auf Flyer zu achten (siehe auch www.gegen-revisionismus.de.vu). Am Freitag gibt es im Mehringhof eine Diskussion zum Thema „1. Mai und die Linke“. Nach dem diesjährigen Revolutionsmackerkampftag ist das auch dringend angezeigt (Gneisenau 2 a, 19 Uhr). Am Samstag wird im Bandito Rosso der Film „Es begann mit der Lüge“ gezeigt, der die Propagandalügen der deutschen Kriegsbefürworter im Kosovokrieg auf eine Weise entlarvte, dass die Autoren gerichtlich belangt werden sollten. Auch Scharping ist noch in Amt und Würden (Lottumstraße 10 a, 21 Uhr).

Anregungen: vorlauf@taz.de Morgen kommt Bühne