Trumpfkarte: Wendell Alexis

Alba Berlin gewinnt das erste Halbfinalspiel beim Vorrundenersten Frankfurt Skyliners mit 85:76. Für jeden Beobachter war klar: Vor allem Alexis trieb die Albatrosse immer wieder nach vorn. Auch wenn der Trainer das nicht so sehen will

Ohne Wendell Alexis ist Alba (fast) nichts, mit Wendell Alexis alles. Zumindest gilt diese Zuspitzung für die erste Play-off-Partie im Halbfinale der Basketball-Bundesliga zwischen dem Vorrundenersten Frankfurt Skyliners und dem Titelverteidiger. Es waren weniger seine Punkte, die Berlin zum wichtigen 85:76-Auswärtssieg in Frankfurt führten, sondern Alexis’ Fähigkeit, Alba aus dem Tief zu holen, als Frankfurt gegen Ende des dritten Viertels seinen Lauf zu bekommen schien.

Doch es wurde nicht zum direkten Duell zwischen den beiden besten Ausländern der Liga, wie es viele zuvor prognostiziert hatten: Marcus Goree von den Skyliners und Wendell Alexis von Alba. Denn beide drückten ihren Teams gleichermaßen ihren Stempel auf. Aber auf verschiedene Art. Goree war der erwartete Solist, der die Skyliners Ende des dritten Viertel von einem 51:55-Rückstand durch seine acht Punkte innerhalb von vier Minuten 63:56 in Front brachte. Zu Beginn dieser Drangperiode für Frankfurt war Alexis schon mit vier Fouls belastet, und alles sprach für die Skyliners. Denn sollte der 37-jährige Berliner wieder aufs Parkett zurückkehren, hätte ihm Frankfurt nur das fünfte Foul anhängen müssen und somit alle Trümpfe in der Hand gehalten.

Allein, es gelang den Frankfurtern nicht. „Das war der Schlüssel des Spiels“, analysierte später ein niedergeschlagener Skyliners-Coach, Gordon Herbert. Denn Alexis kassierte nicht nur kein Foul mehr, er konnte seine Kollegen auch zu besserer Leistung anspornen. So machte Dejan Koturovic 11 seiner 20 Punkte in den letzten zehn Minuten, und Berlins Derrick Phelps gewann das zweite inneramerikanische Duell zwischen ihm und Frankfurts Chad Austin klar mit 24:6 Punkten. Hätten sich die Frankfurter nur ein wenig an Marcus Goree und seinen 23 Punkten aufgerichtet, es wäre nicht zu deren Black-out zu Beginn des Schlussviertels gekommen. Geschlagene fünf Minuten blieben sie ohne Punkt. Alba zog auf 70:64 weg.

Nun sind sechs Punkte im Basketball normalerweise ein Nichts. Aber nicht in einem Play-off-Spiel, und schon gar nicht in dieser Partie. Nie führte eines der beiden Teams in diesem Low-score-Game mit mehr als sieben Punkten Vorsprung, Defense rules, wie es im US-Slang heißt. Nicht besonders schön für die Zuschauer, die viel Basketball-Arbeit und wenig Kunststücke sahen. „Das ist eben Play-off“, sagte Frankfurts Spielmacher Pascal Roller, „da wird nicht gezaubert.“

Und wer weiß, ob Wendell Alexis überhaupt noch etwas hätte ausrichten können, wenn Alba sich nicht in der ersten Hälfte mit einer Freiwurfquote von 85 Prozent (17 von 20) im Spiel gehalten hätte, während Frankfurt sich mit der Katastrophenquote von 50 Prozent immer wieder selbst zurückwarf. In diesem Duell zweier Top-Defensivsysteme waren es am Ende die Details, die entschieden: „Einen eindeutigen Grund für unserem Sieg kann ich eigentlich nicht ausmachen“, stapelte Alba-Trainer, Emir Mutapcic, tief. Ein bisschen geschwindelt, denn natürlich kannte er die Gründe. Aber das gehört zum psychologischen Geplänkel in einer Play-off-Serie: weder zu dicke zu tun noch dem Gegner durch brillante Analysen noch Anschauungsunterricht über die eigenen Kniffe zu geben. Dabei war der Berliner Siegfaktor unübersehbar: Wendell Alexis. MATTHIAS KITTMANN