press-schlag
: Das Ende einer wunderbaren Saison

Jenseits von Gut und Böse

Am Samstag wurde an dieser Stelle der Italo-Western bemüht, um auf den erneuten Titelgewinn der Münchner Bayern vorzubereiten. Nun, es kam anders, aber das ist kein Grund, das Genre zu wechseln. Sergio Leone zum Beispiel. In seinem Klassiker „The Good, The Bad And The Ugly“, hierzulande mathematisch fahrlässig „Zwei glorreiche Halunken“ betitelt, triellieren sich am Schluss die drei Protagonisten auf einem Friedhof. In endloser Angespanntheit belauern sie sich wechselseitig, warten auf Fehler des anderen und ihre eigene Chance. Am Ende bleibt der Böse auf der Strecke, die beiden Verbliebenen ziehen mit jeweils einem Teil des verbuddelten Schatzes von dannen. Wie im richtigen Leben also, auch wenn beim Bundesligafinale ausnahmsweise der Hässliche und nicht der Gute den dicksten Anteil bekommen hat

War es nicht eine wunderbare Saison? Angefüllt mit partiell sehenswertem Fußball, dramatischen Wendungen, kuriosen Trainerkabalen, slapstickhaften Schiedsrichterleistungen und der Auferstehung komplett undeutscher Tugenden im Europacup. Dazu ein bildfüllender Hauptdarsteller namens Calli, ein gestürzter Oberschurke namens Kirch und als I-Tüpfelchen das klammheimliche Dahinscheiden des berüchtigten Bayern-Dusels, erst im Bernabeu, dann in BayArena und Westfalenstadion. Nicht genug damit, dass der Titel entschwand, auch die Fleischtöpfe des europäischen Fußballs rückten ein gehöriges Stück ab. Während Dortmund und Leverkusen zumindest die erste Runde der Champions League in der Tasche haben, muss sich das stolze Bayern qualifizieren, und nach den jüngsten Geschehnissen wäre es keineswegs verwunderlich, wenn sie dort, sagen wir, auf den FC Barcelona träfen und dann Hertha, Werder und Schalke Gesellschaft im Loser-Cup leisten dürften.

Unser Dank gilt ihnen natürlich trotzdem, da sie mit ihrer Zähigkeit jenen Dreikampf ermöglichten, den wir künftig bitte schön jedes Jahr sehen wollen. Auch an die schlussendliche Reihenfolge könnten wir uns gewöhnen, wobei die Dortmunder gern durch jeden beliebigen anderen Klub ersetzt werden dürfen, außer vielleicht Kaiserslautern. Unumstößlich ist nur eins: Leverkusen muss Zweiter werden auf immerdar.

Gut arrangieren können wir uns auch mit der Lösung der Abstiegsfrage, denn genauso wie ein Meistertitel im Fußball niemals unverdient sein kann, trifft dies für den Gang in die zweite Liga zu. Mythen gewinnen keine Spiele, auch wenn sie, wie im Falle von Freiburg und St. Pauli, noch so feinsinnig gewebt sind. Und für Köln ist es ohnehin besser, gleich in Liga zwei anzutreten, statt in Liga eins ständig hinter Leverkusen herzuhecheln.

Ähnliches gilt für den FC St. Pauli, dem man angesichts der großartigen Haltung der Fans, die ihren Klub mit wohl gelaunten Ovationen verabschiedeten, trotzdem nur den schnellen Wiederaufstieg wünschen kann. Wenn auch nur, um ihn erneut so schön absteigen zu sehen. MATTI LIESKE