Anklage wegen Manipulation

Staatsanwälte erheben Anklage gegen Infomatec-Geschäftsführer. Musterprozess soll beweisen, dass sie den Kurs der Aktie manipuliert und die Aktionäre betrogen haben

MEMMINGEN taz ■ Jetzt ist es amtlich, was lange gemunkelt wurde. Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat gestern mitgeteilt, dass sie gegen die beiden Exvorstände der insolventen Gersthofener Softwareschmiede Infomatec AG Anklage erhoben hat. Kursbetrug, Insiderhandel, Kapitalanlagebetrug und falsche Angaben bei der Betriebsgründung werden den beiden Infomatec-Gründern Gerhard Harlos und Alexander Häfele zur Last gelegt.

Damit wird zum ersten Mal in Deutschland ein Strafverfahren gegen Geschäftsführer einer börsennotierten Firma wegen des Vorwurfs der betrügerischen Manipulation von Börsenkursen erhoben. Laut Anklage wurde die Infomatec-Aktie durch vier falsche Ad-hoc-Meldungen „zum Teil massiv in die Höhe getrieben“. Die Angeklagten sollen dann mehr als 1,6 Millionen Infomatec-Aktien verkauft haben und sich damit „hohe Vermögensvorteile“ verschafft haben.

Auf diesen Tag haben tausende von geschädigten Anlegern gewartet, die durch den von der Anklage unterstellten Schwindel viel Geld verloren haben. Teuer kam so manchen Kleinanleger das Vertrauen in den einstigen Star des Neuen Marktes zu stehen. Dass es so lange bis zur Entscheidung für eine Anklage gedauert hat – wo doch längst serienweise Zivilprozesse gelaufen sind – begründet der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Reinhard Nemetz, mit den „umfangreichen und schwierigen Ermittlungen“. Diese wurden von der Kripo Augsburg und dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel geführt.

In der umfangreichen Anklage, in der sich die Staatsanwaltschaft unter anderem auf Rechtsgutachten hochkarätiger Rechtswissenschaftler stützt, wird den beiden Infomatec-Gründern unter anderem vorgeworfen, dass die fünf Teilfirmen, aus denen die spätere Infomatec-AG zusammengefügt wurde, gerade einmal 5,3 Millionen Mark Wert gewesen seien. In betrügerischer Absicht seien jedoch die Anteile auf rund 198 Millionen Mark taxiert worden. Hinzu kämen falsche Ad-hoc-Meldungen, die Aufträge vorgegaukelt hätten, die es gar nicht gab. „In Fortführung ihres Tatplanes“ hätten die Exvorstände die falschen Börsenmeldungen abgegeben, um beim Verkauf eigener Anteile hohe Gewinne einstreichen zu können, werfen die Staatsanwälte den Angeklagten vor.

Die Anklage im Strafverfahren dürfte auch die derzeit beim Oberlandesgericht München anhängige Berufung im Musterverfahren eines privaten Klägers beeinflussen. Diesem war in erster Instanz von der 3. Zivilkammer des Augsburger Landgerichts Schadensersatz in Höhe von rund 50.000 Euro zugesprochen worden, wogegen die verurteilten Exvorstände Berufung eingelegt haben. Auch das Strafverfahren gilt angesichts zahlreicher Neue-Markt-Pleiten als eine Art Musterverfahren.

KLAUS WITTMANN