Großreinemachen im Schloss

■ Wo die Hausfrau das traute Heim verlassen hat und der Mann das Regiment über Wischeimer und Scheuerlappen übernehmen muss, gerät leicht manches aus dem Ruder

Eifrig war der Auszug von Prinzessin Lilly aus dem zum Junggesellenhaushalt mutierenden Bückeburger Eigenheim der Familie Schaumburg-Lippe im bundesdeutschen Blätterwald diskutiert worden. Aber ob das nun der Grund dafür war, dass die „Putzteufel“ der Sauberfirma am Montag das niedersächsische Schloss zur Wirkungsstätte eines aufmerksam-keitsstarken Großreinemachens erkoren hatten? Wohl kaum. Auf jeden Fall nahmen sich gleich ein Dutzend Hochglanz-Propperchen des Eichenparketts im 470 Quadratmeter großen Festsaal von Schloss Bückeburg an. Und auch der mit wertvollen Kunstwerken bestückte Gobelinsaal wurde Ziel der Sauberkeitsattacke der mit Teufelshörnchen und Glitzerroben ausstaffierten „Vileda“-Mädels.

Neben schnöder PR noch ein Anlass für die Aktion: Alles sollte tipptopp picobello blinken und glänzen, wenn Erbprinz Alexander zu Schaumburg-Lippe vom 30. Mai bis zum 2. Juni die Freunde des vornehm-rustikalen Country Style aus ganz Norddeutschland zur „Landpartie“ lädt.

Da auch bei Fürstens heute mit Cent und Euro nicht hemmungslos geaast werden kann, nahm das Haus Schaumburg-Lippe gern in Kauf, dass der Putzmittelhersteller sein Wirken für adelsgemäße Reinlichkeit nicht als diskrete Hilfe organisierte, sondern dazu Vertreter von Printmedien, Funk und Fernsehen in die alte Residenzstadt bestellt hatte – und dabei neben den charmanten Teufelchen der Putzkolonne auch seine Produktpalette in Szene setzte. Staatsmännischer O-Ton von Herrn von und zu Alex: „Wir haben eine Aufgabe und eine Verantwortung, das Gebäude zu erhalten“.

Also: Schrubben und wienern für die hehren Ziele des Denkmalschutzes. Und im Sinne dieser Aufgabe gilt es auch im Adel längst nicht mehr als genant, die feingliedrigen Pianistenhände für Zuwendungen von Sponsoren aufzuhalten – Pianistenhände übrigens, mit denen der Erbprinz schon zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle mit schrägen Akkorden als Musikus Klimpergeld einspielte, um die Veranstaltung „Hofleben“ auch in Zeiten schnöder Bürgerlichkeit hochzuhalten.

Inzwischen weiß der Erbprinz die Besucher der eintrittspflichtigen Schlossführungen auch mit Anekdötchen zu erfreuen: So gab im vergangenen Jahr ein ehemaliger britischer Soldat unter der Last erheblicher Gewissensbisse sechs wertvolle Monogrammgläser zurück an die Fürstliche Hofkammer. Sie waren ihm in der Nachkriegszeit „zugefallen“, als das Schloss der Rheinarmee als Hauptquartier diente. Eigentlich schon fast eine Selbstverständlichkeit, sind die Schaumburg-Lippes doch mit dem britischen Könighaus nicht nur um tausend Ecken verwandt.

Während die Journaille sich beim Großreinemachen überwiegend in bürgerlicher Zurückhaltung übte, blieb es einem forschen Paparazzo vorbehalten, eine ältere Dame mit unwirschen Gesten zu verjagen, die plötzlich ins Bild kam: Es war niemand geringeres als Prinzenmutter Fürstin Benita zu Schaumburg-Lippe, der die dreiste Zurechtweisung galt.

Natürlich ignorierte sie die Unbotmäßigkeit total: Im Ernst konnte der böse Schnitzer auch nicht an einer Würde kratzen, die über Jahrhunderte hinweg von Adelsgen zu Adelsgen weitergegeben worden ist. Und: Pah, was soll man von solchen Journaille-Schnöseln auch sonst erwarten?

Ulrich
„Urdrü“ Reineking