Jutta sammelt alles

Einmal im Jahr fahren Berliner Polizisten in einem Lkw-Konvoi nach Litauen. Geladen haben sie Hilfsgüter. Für die Polizeiangestellte Jutta Wegner ist die Tour wie Urlaub

Die Lkws sind beladen. 80 Tonnen Hilfsgüter sind in ihnen verstaut. Gestern ging’s los. Nach Litauen. Der Verein „Berliner Polizisten helfen e. V.“ ist zum zwölften Mal mit Hilfstransporten in die Region Jurbarkas unterwegs: drei Sattelzügen und drei Lkws. Ihre Ladung ist für ein Kinderheim, einer Sonderschule und eine Armenküche bestimmt.

Jutta Wegner ist zum vierten Mal dabei und freut sich schon auf die Tage, die sie und ihre 19 Kollegen im Kinderheim verbringen werden. „Es ist schön, die Vorhänge zu sehen, die ich im vergangenen Jahr eingepackt habe“, sagt die Polizeiangestellte. „Man sieht, was mit den Sachen passiert und dass sie wirklich gebraucht werden.“ Viele der Kinder schliefen noch in zu kurzen Betten, wo die Füße unten rausguckten. Und deswegen transportieren die Polizisten auch dieses Jahr wieder alles von Handtüchern über Krankenhausbetten und Klodeckeln bis hin zu zwei ausrangierten Feuerwehrautos in das 1.000 Kilometer entfernte Jurbarkas. Nach insgesamt acht Stunden Wartezeiten an zwei Grenzen und Konvoibegleitung der Polizeikollegen in Deutschland und Polen wollen sie am Samstag Jurbarkas erreichen.

Der Verein mit 48 Mitgliedern entschied sich nach anfänglichen Hilfstransporten in die Ukraine für Litauen als das Ziel, da sich hier die Kosten und auch die Reisedauer besser kalkulieren ließen. 16 Prozent der Litauer leben unter der relativen Armutsgrenze, also mit weniger als 72 Euro im Monat.

Jutta Wegner freut sich schon auf den Empfang in dem Kinderheim. Die etwa achtzig Kinder werden Theaterstücke aufführen, singen oder mit den Berlinern spielen. „Eine umwerfende Atmosphäre: Zuerst schleichen die Kinder noch neugierig um uns herum. Wenn sie dann etwas noch so Kleines geschenkt bekommen, ist der Jubel groß!“, berichtet Jutta Wegner.

Die Hilfsgüter, die die Polizisten für die Kinder und eine Armenküche im Gepäck haben, werden das ganze Jahr über im Vereinslager in Biesdorf gesammelt. Die Spendenfreude sei groß, sagt Jutta Wegner. „Die Leute wissen: Jutta sammelt alles!“, erzählt die burschikose 60-Jährige und lacht schallend. Auch dieses Jahr platze das Lager „aus allen Nähten“. Neben massenhaft Kuscheltieren und anderem Spielzeug türmen sich seit einem Jahr auch dringend benötigte Babynahrung, Rollstühle, Bettlaken und Schiefertafeln in Biesdorf.

Eigentlich wollte Jutta Wegner vor vier Jahren bei der ersten Tour nach Litauen nur mitfahren, um die „Landschaften mal kennen zu lernen“. Inzwischen kann sie nicht mehr aufhören, gibt sie zu. Für die Fahrt, die insgesamt eine Woche dauert, muss sich Jutta Wegner Urlaub nehmen. Das macht ihr nichts aus: „Sobald wir aus Berlin rausfahren, fängt für mich der Urlaub an.“ ALIKI NASSOUFIS