WIRD ISRAEL NACH DEM ANSCHLAG IN GAZA EINMARSCHIEREN?
: Militärisch sinnlos, politisch verheerend

Mit dem Abzug aus Gaza vor acht Jahren konnten sich selbst die religiösen Israelis abfinden. Samson war einst „gen Gasa“ gezogen, so steht es in der Bibel, wurde dort von einer „Hure“ betrogen und zog zusammen mit den feindlichen Philistern in den Tod. In Gaza hatten die Juden nie Gutes zu erwarten. In keiner Frage bestand je ein so breiter Konsens im Land: Hier hatte man nichts zu suchen.

Nun bereitet sich die Armee auf eine Fortsetzung ihrer „Operation Schutzwall“ vor und plant den Einmarsch im Gaza-Streifen. Terroranschläge in Israel waren Anlass für die Invasion im Westjordanland. Der Terroranschlag in Rischon Lezion wäre Anlass für eine Invasion im Gaza-Streifen, falls der Täter dort zu Hause war.

Doch selbst wenn das so wäre – eine Militäraktion wäre gefährlich und sinnlos. Der Anschlag wäre die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Denn der Gaza-Streifen ist nahezu hermetisch abgeriegelt. Ein- und Ausreiseprozeduren erinnern an DDR-Zeiten. Sollte es tatsächlich einem Palästinenser gelungen sein, diesem „Hochsicherheitstrakt“ zu entkommen, dann gilt es, die Lücke im Zaun zu finden. Verglichen mit einem Einmarsch in diese „weltweit dichtbesiedeltste Zone“, wie Oppositionsführer Jossi Sarid warnt, wäre das ein Kinderspiel.

Gerade weil es so schwer ist, die israelischen Sicherheitsanlagen rund um den Gaza-Streifen zu durchbrechen, werden Aktionen fast ausschließlich vom Westjordanland aus unternommen. Von dort erreichen Attentäter zu Fuß, ohne auch nur über einen einzigen Zaun klettern zu müssen, ihr Ziel. Militärisch gesehen war die Intervention im Westjordanland daher plausibel – auch wenn sie den Terror keineswegs beendete, im Gegenteil. Die Palästinenser sind verbittert – und umso mehr bereit, Widerstand zu leisten.

Ein Einmarsch im Gaza-Streifen indes würde, auch militärisch betrachtet, nichts bringen. Nirgends ist die Sympathie für die islamischen Fundamentalisten größer, in jedem zweiten Haushalt soll sich eine Waffe befinden. Es wäre ein Szenario wie im Flüchtlingslager von Dschenin, nur viel größer. Und mit mehr Opfern. SUSANNE KNAUL