Raffarin mahnt zur Arbeit im Galopp

Das Kabinett des neuen französischen Regierungschefs repräsentiert ein breites konservatives Spektrum. Bis zu den Parlamentswahlen hat es fünf Wochen Zeit, um zu beweisen, dass es anders und besser als ihr Vorgänger ist

PARIS taz ■ Die Sicherheit zuerst. So lautet der Arbeitsauftrag von Staatspräsident Jacques Chirac an seine Übergangsregierung. Kaum hatten die 27 MinisterInnen aus einem breiten rechten Spektrum ihre Ämter übernommen, trat bereits der Ernstfall ein. Nicht etwa in einer französischen Banlieue, sondern im pakastianischen Karatchi kamen elf Franzosen bei einem Anschlag ums Leben. Die neue Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie machte sich umgehend auf den Weg nach Karachi.

Unfreiwillig stiehlt sie damit dem eigentlichen „Monsieur Sécurité“ der neuen Regierung die Show. Nicolas Sarkozy, 47, der davon geträumt hatte, Premierminister zu werden, bekam nur den zweiten Posten. Gleich hinter dem rechtsliberalen Premierminister Jean-Pierre Raffarin erhielt er die Leitung über ein erweitertes Innenminsterium. Dort soll Sarkozy das Wahlkampfversprechen von Chirac umsetzen: die innere Sicherheit mithilfe von verschärften Polizei- und Gendarmerieeinsätzen verbessern.

Die neue Regierung hat fünf Wochen Zeit, um zu zeigen, dass sie anders und besser ist, als die rot-rosa-grüne. Im Juni sind Parlamentswahlen. Vorsichtshalber mahnte Premierminister Jean-Pierre Raffarin seine Equipe gestern zur Arbeit „im Galopp“.

Die 21 Männer und 6 Frauen in der neuen Regierung repräsentieren ein breites Spektrum der französischen Konservativen. In ihr sind Rechtsliberale und Neogaullisten sowie Ultraliberale und Sozialliberale vertreten. In ihren Reihen gibt es einen Mann (Devedjian), dessen politische Sozialisation durch eine rechtsextreme Organisation geführt hat, sowie einer (de Robien), der 1998 im Fernsehen seine UDF-Mitgliedskarte zerriss, weil sich die Parteispitze nicht von den damaligen regionalen Allianzen mit der rechtsextremen Front National distanzierte. In ihr sitzt Chiracs Exgeneralsekretär im Elyséepalast (de Villepin, Außenminister) neben einem Industrieboss (Mehr, Wirtschaftsminister) und neben der allerersten französischen Ministerin nordafrikanischen Ursprungs (Saifi, Staatssekretärin für dauerhafte Entwicklung). Über mehrere Minister atmete auch die Linke erleichtert auf. Zu ihnen gehört der Erziehungsminister (der Philosoph Ferry), der Kulturminister (der bisherige Direktor des Pompidou-Museums) und der Gesundheitsminister (Medizinprofessor Mattei), der schon seinen sozialistischen Vorgänger beraten hatte.

„Im Galopp“ haben die Neuen bereits Stöcke eingerammt. Umweltministerin Bachelot lobte die Atomenergie als „umweltfreundlichste Energie überhaupt“, und Verkehrsminister de Robien stoppte umgehend den von der rot-rosa-grünen Regierung geplanten „dritten Flughafen von Paris“. Die Leute in der nördlich gelegenen Region atmen auf. Sie hatten bei den Präsidentschaftswahlen massiv Le Pen gewählt. DOROTHEA HAHN