Unerwünschter Symbolcharakter

Bezirksamt Mitte lehnt den Bau einer repräsentativen Moschee in St. Georg ab, weil sie angeblich nicht ins Sanierungskonzept passe. Die Stimmung zwischen den Verhandlungspartnern ist mittlerweile eisig

von GERNOT KNÖDLER

Die Pläne, in St. Georg eine repräsentative Moschee zu errichten, liegen fürs Erste auf Eis. Nach gescheiterten Verhandlungen mit dem Leiter des Bezirksamtes Mitte, Markus Schreiber (SPD), hat das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland (BIG) davon Abstand genommen, „weil wir als kleine Gemeinde nicht in der Lage sind das durchzusetzen gegen den Willen der Politik", sagt Vorstandsmitglied Ahmet Yazici. Beide Seiten werfen einander die Vergiftung der Gesprächsatmosphäre vor.

Einer das Stadtbild prägenden Moschee mit einem 50 Meter hohen Minarett stehen nach Auffassung des Bezirksamtes der geltende Bebauungsplan, das Konzept für das Sanierungsgebiet St. Georg S1 und ein städtebaulicher Vertrag entgegen, den das Bündnis 1998 mit dem Bezirksamt Mitte geschlossen hat. Darin verpflichtet sich das BIG, an Böckmann- und Lindenstraße vierstöckige Gebäude mit insgesamt 19 Wohnungen zu errichten. Anstelle der Werkstatthalle im Hof sollte das BIG eine Markthalle bauen dürfen. Deren Vermietung sollte zur Finanzierung der Gemeinde beitragen.

Doch im Laufe der Jahre wuchsen die Bedürfnisse und der Ehrgeiz der islamischen Gemeinde. Die Moschee sollte jetzt fast den gesamten Raum zwischen Linden und Böckmannstraße einnehmen. Im Erdgeschoss waren weiterhin Geschäfte geplant, statt 19 aber nur noch zehn Wohnungen in der heutigen Moschee vorgesehen. Das Bezirksamt habe darauf verlangt, die Gemeinde müsse ersteinmal Akzeptanz vor Ort schaffen, erinnert sich Reinig.

An dieser mangelt es nicht: Vom linksalternativen Einwohnerverein bis zum konservativen Bürgerverein über die Interessengemeinschaft Steindamm (IST) und den Sanierungsträger ASK sprechen sich die mit der Stadterneuerung befassten Organisationen für eine repräsentative Moschee aus. „Wir können einen Solitär hier am Steindamm gut gebrauchen", sagte der von der IST bestellte Quartiersmanager Wolfgang Schüler in einem Gespräch mit Bürgermeister Ole von Beust.

Die SPD im Bezirk glaubt, das ignorieren zu können. „Da hätten wir schon so unsere Probleme", gibt ihr Fraktionschef Jan-Hinrich Fock ehrlich zu. Eine repräsentative Moschee hätte seiner Meinung nach „Symbolcharakter, der so nicht hierherpasst". Im Grunde stehe das aber gar nicht zur Debatte, sondern lediglich das Sanierungskonzept und der städtebauliche Vertrag zwischen Bezirksamt und BIG. „Da sind alle Menschen und auch alle Religionen vor dem Gesetz gleich", sagt Fock.

Die SPD-Fraktion fühle sich vom BIG getäuscht. Sie habe den Eindruck, „dass man von vornherein überhaupt nicht vorhatte diesen städtebaulichen Vertrag zu erfüllen", sagt ihr Vorsitzender und erklärt damit teilweise die gereizte Stimmung, in der das Bezirksamt und das BIG miteinander verhandelten.

„Schreiber hat sich völlig daneben benommen", schimpft Yazici. Er sei „kompromisslos und unfreundlich" aufgetreten und habe eine sichtbare Moschee mit Kuppel und Minarett eindeutig abgelehnt. Auch Schreibers Sprecher Gerthold Roch spricht davon, das Gespräch sei „unerfreulich" verlaufen und zwar deshalb, weil dem Bezirksamtsleiter „Islamfeindlichkeit" unterstellt worden sei. Das sei unfair, weil die Verwaltung lediglich nach „sachlichen und fachlichen" Kriterien entschieden habe: Eine große Moschee an dieser Stelle würde das ganze Sanierungskonzept über den Haufen werfen. GAL-Fraktionschef Claudius Lieven vermutet politische Gründe für die Ablehnung. Auch mit anderen Investoren werde nachverhandelt, argumentiert er. Außerdem kickten SPD und CDU die Vertreter der beiden Moscheen aus dem Sanierungsbeirat, was auch Michael Joho vom Einwohnerverein als „Skandal" bezeichnet. Schließlich habe der Beirat häufig in den Räumen der islamischen Gemeinde getagt. „Die Moscheen sind der große Player am Ort", sagt Lieven. Sie auszuschließen sei kontraproduktiv.