Geld für mehr Gerechtigkeit

Oikocredit investiert in Menschen, denen normale Banken keine Kredite geben. Drei Viertel des Kapitals werden von Förderkreisen aufgebracht, 11 Prozent steuern Kirchen bei. Anteile ab 200 Euro

Zur Kakaogenossenschaft El Ceibo in Bolivien haben sich 1.800 Bauern zusammengeschlossen. Seit 1986 kooperieren sie mit Fair-Trade-Gesellschaften in Europa. Einen Großteil ihres Kakaos bauen sie ökologisch an. Schrittweise soll die Anbaufläche wachsen. In der Nähe der Hauptstadt La Paz betreibt El Ceibo eine Anlage zur Verarbeitung des Rohstoffs. Sie produziert nicht nur für den Export, sondern auch für den Absatz im eigenen Land.

Vor fünf Jahren benötigte die Genossenschaft für den Ankauf von Kakaobohnen dringend 250.000 Dollar. Ein Darlehen bekam El Ceibo bei Oikocredit, einer ökumenischen Entwicklungsgesellschaft, die der Weltkirchenrat vor 25 Jahren schuf. Es hatte eine Laufzeit von 10 Jahren und einen Zinssatz von 9 Prozent. „Ein Darlehen bei einer lokalen Bank wäre doppelt so teuer gewesen“, sagt die ökumenische Entwicklungsgesellschaft.

„Wir investieren in Menschen, denen normale Banken keine Kredite geben würden, weil sie keine Sicherheiten nachweisen können“, heißt es im Prospekt der Oikocredit, die ihren Hauptsitz in Amersfort in den Niederlanden hat. Man spekuliere mit dem Kapital von Anlegern – nicht an der Börse, sondern achte „auf nachhaltige, selbstbestimmte Entwicklung in den armen Ländern und mehr Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd“, so die Selbstdarstellung.

Acht Förderkreisein Deutschland

Oikocredit vergebe Kleinkredite an Genossenschaften in armen Ländern – zu „fairen Bedingungen mit langen Laufzeiten und bezahlbaren Zinsen“. Bis einschließlich 2001 hat die Gesellschaft mit Förderkreisen in Belgien, Kanada, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz rund 160 Millionen Euro investiert.

Oikocredit setzt auf Menschen in Regionen, die von den internationalen Kapitalströmen wegen ihrer Risiken gemieden werden. So vergibt die Gesellschaft beispielsweise Kleinkredite an Bäuerinnen und Töpferinnen in Indien, an eine Textildruckerei in Simbabwe oder an Kaffeebäuerinnen in Mexiko.

In Deutschland unterstützen die Gesellschaft acht Förderkreise. Über diese laufen auch die Zeichnungen: Anteile können ab 200 Euro erworben werden. Der Kreis verwaltet die Anteile treuhänderisch. Auf Wunsch könne die Geldanlage aber jederzeit wieder zurückgezahlt werden, verspricht Oikocredit. Jedes Mitglied habe – unabhängig von der Höhe des eingezahlten Kapitals – Stimmrecht im Förderkreis. Oikokredit gewährt jährliche Dividenden von 1 bis 2 Prozent.

Siegwart Kriebel führt die Geschäfte des deutschen Förderkreises Nordost in Berlin. Der Pfarrer im Ruhestand berichtet, in seiner Regionalgruppe seien 500 Anleger versammelt. Dazu gehörten einzelne Gemeinden, Kirchenkreise und evangelische Landeskirchen. Jeder Förderkreis ist in der Genossenschaftsversammlung in der Zentrale vertreten – wiederum unabhängig von der Höhe des jeweils angelegten Kapitals. Die Kriterien für die Vergabe von Darlehen bestimmten die Genossenschafter, sagt Kriebel. So werden etwa Projekte bevorzugt, „in denen Frauen direkte Nutznießerinnen sind“. Im Kriterienkatalog heißt es weiter, Vorhaben sollten bevorzugt werden, die ökologischen Auswirkungen „besondere Aufmerksamkeit“ widmen, „wirtschaftlich lebensfähig“ sind, eine „effiziente technische Leistung gewährleisten“ und „sich in einer vernünftigen Zeitspanne selbst tragen“.

Oikocredit hat in den vergangenen 25 Jahren 15 Prozent aller Darlehen abschreiben müssen. Inzwischen arbeiten fast 90 Prozent aller Projektpartner rentabel und zahlen ihre Kredite zurück. Die meisten Kredite gehen nach Südamerika (46 Prozent); es folgen Afrika (21 Prozent), Mittelamerika und Asien.

Mitglieder sind Kirchen in aller Welt

Die Oikocredit ist eine ökumenische Einrichtung: Insgesamt 435 Kirchen und kirchliche Organisationen in aller Welt sind Mitglieder. Katholische Diözesen und evangelische Landeskirchen gehören ebenso zur Entwicklungsgesellschaft wie Dominikanerinnen, die Vereinigte Kirche von Kanada und die Niederländische Reformierte Kirche. Drei Viertel des Anlagekapitals bringen die Förderkreise auf, 11 Prozent steuern die Kirchen direkt bei, weitere 10 Prozent kirchliche Organisationen. VOLKER UPHOFF/
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Oikocredit, Adenauerallee 37, 53113 Bonn, Tel. (02 28) 9 25 97-38/39