vorlauf bühneEsther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Roberto Ciulli, längst legendärer Chef des Mülheimer Theater an der Ruhr, gehört zu jenen letzten Idealisten, für die Kultur noch immer die beste internationale Entspannungstechnik ist. Während Bush Jr. von Ferne die „Achse des Bösen“ anklagte, reiste Ciulli mit seinem Theater höchstpersönlich nach Teheran: Dort inszenierte er Anfang des Jahres mit Schauspielern des iranischen Dramatic Arts Center „Bernarda Albas Haus“. Federico García Lorca schrieb das Stück über die klaustrophobische Enge einer archaisch-patriarchalischen Gesellschaft 1936. Ciullis Inszenierung bescheinigte die Kritik, dass Lorcas Stück hier wirke, als sei es eben erst und für den Iran geschrieben. Als Gastspiel ist es jetzt im Berliner Ensemble zu sehen (14. 5.).

Ebenfalls in der ersten Hälfte der Dreißigerjahre schrieb Brecht seine kapitalismuskritische „Heilige Johanna der Schlachthöfe“. Im Gegensatz zu Lorca, der 1936 von den spanischen Faschisten ermordet wurde, ist Brecht rechtzeitig emigriert. Tom Kühnel, der die „Heilige Johanna“ jetzt an der Berliner Schaubühne inszeniert, sieht in Brechts letztem Drama vor seiner Emigration bereits ein Stück Globalisierungskritik vorweggenommen (Premiere 16. 5.).

Am 16. Mai eröffnet im Podewil, das in letzter Minute der drohenden Umwandlung in eine Heimstatt für Museumspädagogen entkam, das 7. „reich & berühmt“-Festival (bis 1. Juni), das auch so eine Art Theatertreffen ist. Bloß, dass hier kein reines Leistungsschaulaufen stattfinden soll, sondern eine Auseinandersetzung mit den Bedingungen dramatischer Kunstformen zwischen Theater, Performance und neuen Medien. Und auch die eine oder andere Party.

Am 17. 5. sagt uns dort Thomas Kapielski, was man ist, bevor man „reich & berühmt“ wird: nämlich „arm & laut“.

Anregungen: vorlauf@taz.deMorgen kommt Kunst