vorlauf kunst Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Um gleich wieder beim Bastler anzuknüpfen, der die letzte Kolumne bevölkerte: Auch in der ehemaligen DDR wurde er geschätzt und seine Tätigkeit mit mehr oder minder klugen Heimwerkerbüchern unterstützt. Ein solches Buch aus dem Jahr 1964 ist nun die Hände von Nanne Mayer geraten. In bekannter Manier nahm sie es auseinander, zerschnippelte es und entwarf um die kleinen Fragmente herum ihre großartigen Zeichnungen. „Quer zur Faser“ heißt die Serie von 47 neuen Blättern, die bei Barbara Wien in der Linienstraße 158 zu sehen ist. Erstaunlich, welche Metamorphosen die Bruchstücke unter den Händen der Professorin an der Kunsthochschule Weißensee durchlaufen. Technische Anleitungen werden zu hinreißenden Landschaften, und schwer zu dechiffrierende Geräte finden im Brustkorb einer ziemlich menschenähnlichen Figur prima Platz.

Nur drei Schritte weiter schaufelte dann der palästinenische Künstler Taysir Batniji einen Sandhaufen durch die Galerie K & S. Sisyphosarbeit – oder im Kunstbetrieb Performance –, aufgeführt anlässlich der Eröffnung von „Voyage impossible“. Der Stillstand als Bedingung, womöglich aber Endpunkt allerBewegung ist hier als Thema der künstlerischen Arbeit zu entdecken. Belagerungszustand ist das andere Wort dafür. Und so besteht die Videoarbeit „Gaza – Journal Intime“ trotz aller trügerischen Bewegung vor allem aus aneinander gehängten Stills. Der Originalton, der sie begleitet und eine kurze Filmsequenz, die Taysir Batniji einblendet, täuschen den filmischen Ablauf vor, der so gar nicht existiert. Seine Fotos von Hauswänden in Gaza zeigen immer wieder Nummern, 194, 397, es sind die Nummern der UN-Resolutionen zu Palästina: auch international nur Stillstand bei viel Bewegung.

Anregungen: vorlauf@taz.deFreitag kommt Konzert