Romantische Spielweisen des Perkussiven

■ Im Sendesaal von Radio Bremen präsentierte der New Yorker Cellist Erik Friedlander mit seinem Quartett „TOPAZ“ Weltmusik, die gar nicht nach Weltmusik klingt

Eigentlich merkwürdig, dass Erik Friedlander sein Quartett ausgerechnet nach jenem Agenten-film Alfred Hitchcocks titelt, den der Regisseur kurz nach der Fertigstellung 1969 ein Desaster nannte. Vor allem, weil zu Drehbeginn das Skript nicht fertig war. Untypisch für den kinematografischen Altmeister. Und auch nicht gerade so, wie Friedlanders Kompositionen funktionieren, die er jetzt mit „TOPAZ“ im Sendesaal von Radio Bremen präsentierte.

Vieles bei TOPAZ ist auskomponiert, hat klare Strukturen, lässt erstaunlich wenig Raum für Improvisation. Schade eigentlich, denn der einzige, der etwas freier aufspielen darf, ist der Perkussionist Satoshi Takeishi. Der sitzt hinter allerlei Hölzernem und Metallenem. Und macht eifrig Gebrauch davon. Als gelte es, (beinahe) jede Lücke zu füllen. Friedlanders Arrangements zeichnen sich durch starke Rhythmisierung aus. Doch gehen die repetitiven Melodiefragmente auf dem Cello – mal unisono mit Andy Lasters Saxofon gespielt, mal dessen Linienführung konterkarierend – so ein wenig baden.

Schade, schließlich entsteht Dynamik ganz woanders, unabhängig von Tempo oder Lautstärke. Friedlander versteht es beispielsweise Pausen zu setzen. Und es ist faszinierend, wie schnell er den Sound seines Instruments umschalten kann. Hier harte Pizzicato-Patterns, dann wieder Anklänge irgendwie romantischer Schule oder Erinnerung an ein arabisches Saiteninstrument. Letzteres übrigens kommt in zwei Transkriptionen von Songs einer prominenten iranischen Sängerin, die (als Frau & Künstlerin) zu Beginn der sogenannten islamischen Revolution in Ungnade fiel, zum Tragen. Vielleicht gerade weil ihre Musik nicht nach Weltmusik klingt.

Ansonsten ähneln einige Stücke dem Masada-Songbook John Zorns. Friedlander ist im Masada String Trio vertreten. Überhaupt ist es ihm gelungen, das Cello in der New Yorker Downtown-Szenerie noch einmal anders zu etablieren, als es sein Vorgänger im Amt, Hank Roberts, es Mitte der 80er tat. Orientiert (auch) an der eher zahmen Seite von Zorns Oeuvre, gehört TOPAZ zu jenen Gruppen, die wieder eine fast altmodische Art von Schonheit in die Szene tragen.

Die vertrackte rhythmische Struktur, die verschränkte Melodienführung, die sanften Cuts oder das ernsthaft-amüsante Spiel mit Wiederholung und minimalistischen Mustern – all das ist nicht langweilig. Doch auch nicht wirklich mitreißend. Es hätte dem Vergnügen mit TOPAZ kaum Abbruch bereitet, wären die Texturen, wäre die Methode, mit der das Quartett zu Werke geht, ein wenig schwerer zu lesen gewesen. Nur ein bisschen. Tim Schomacker