Jungrebellen spielen vor

Was hat die U-Bahn mit der Talentsichtung zu tun? Beim Sichtungstag der Jahrgänge 1990-1993 am Millerntor erklärt Jugendtrainer Dirk Zander die Zusammenhänge

Sieht so ein Young Rebel des FC St. Pauli aus? Nils Brüning trägt ein Lazio Rom-Trikot, ist eigentlich HSV-Fan, gerade 7 Jahre alt und damit wohl der Jüngste beim Sichtungsnachmittag des Kiez-Clubs für die Jahrgänge 1990 bis 93. Sein Sohn, erklärt Papa Axel, sei überall „früh dran“ gewesen, jetzt wolle er ohne große Erwartung „einfach mal sehen, wo das eigene Kind steht im Vergleich mit den Besten anderer Vereine“.

35-40 Jungs toben 90 Minuten über den Rasen im Stadion, üben den Torschuss und demonstrieren ihre Spielfähigkeit im 3:3 auf kleine Tore. Auf einen Leistungsparcours habe man verzichtet, so Andreas Bergmann, Jugendkoordinator beim FC. Der „frisst nur Zeit“, zudem „sollen auch die einen schönen Nachmittag haben, die keine Chance“ hätten unterzukommen. „Wenn da im Jahrgang vier Jungs hängen bleiben, hat sich das schon gelohnt“, ergänzt Ex-Profi Dirk Zander, heute Jugendtrainer. Als Stadtteilclub habe der FC St. Pauli gerade im unteren Jugendbereich nur ein begrenztes Einzugspotenzial, denn „da können die noch nicht mit der U-Bahn kommen“. Gewiss, bei der gezielten Abwerbung ab der D-Jugend gebe es, so Zander, „schon mal Probleme mit kleinen Vereinen. Aber wir holen ja nicht die ganze Mannschaft“. Immerhin ist man bemüht, die Trainer der Talente mit einzubeziehen. Was auch Axel Brüning „o.k.“ findet. „Andere Vereine“, so seine Erfahrung, „gehen ja ohne Absprache gleich zu den Eltern“, um den Traum Fußball-Profi zu nähren. Den träumt auch Nils. Zu den Auserwählten, die erneut zum Probetraining kommen dürfen, gehört der Knirps im Lazio-Blau vorläufig nicht. Spaß hat es ihm trotzdem gemacht. Nur eins fand Nils blöd. „Die Bälle waren viel zu schwer für mich.“

Mit den altersgemäßen Leichtkugeln trainierte parallel gerade die 93er-St. Pauli-Mannschaft – aber auf Grand und nicht im Stadion. JÖRG FEYER