Orientierungslose, handlungsarme Adoleszente

Stakkatohaft von den eigenen Nöten berichtet: Der Wiener Regisseur Dieter Boyer inszeniert Kristo Sagors Jugendstück ,,Durstige Vögel“ als Hamburger Erstaufführung auf der Foyerbühne des Altonaer Theaters

Und Gundula tanzt. Zu laut hämmernder Musik auf menschenleerer Bühne. Die Worte, die sie ruft, sind nicht zu verstehen. Sie dreht sich um sich selbst in Blümchen-Bluse, Jeansrock und rosa Söckchen. Die Bluse hat ein Loch – ungefähr dort, wo das Herz schlägt. Einsamkeit, Verletzlichkeit und Sehnsucht von Jugendlichen thematisiert der 25-jährige Berliner Autor Kristo Sagor in seinem Stück Durstige Vögel, das jetzt am Altonaer Theater Premiere hatte.

Im unpersönlichen Wartebereich eines Flughafens treffen sich Gundula, ihr Ex-Freund „Pi“, dessen Freundin und zwei Obdachlose. Alle geben sich cool, doch bald bröckeln die Fassaden. Der Wiener Regisseur Dieter Boyer (32) hat das 2000 in Bochum uraufgeführte Stück als Hamburger Erstaufführung auf die Altonaer Foyerbühne gebracht. ,,Aktualität interessiert mich nicht. Ich kann nur von mir reden“, sagt Autor Sagor.

Und so richtet er auch in Durstige Vögel den Focus auf das Innenleben der Personen. Er präsentiert eine orientierungslose Generation: Am Flughafen offenbaren die Figuren in stakkatohaften Sätzen ihre Nöte. Am Ende siegt die Hoffnung: Der Autor gibt der Liebe zwischen Gundula und einem 17-jährigen Ex-Junkie eine Chance.

In der Inszenierung fühlt sich das Ensemble überzeugend in die adoleszenten Alltagsmenschen ein. In einem Bühnenbild, das aus einer Bank sowie Diaprojektionen der Künstlerin Barbara Katzelmayer besteht, lässt der Regisseur den Darstellern Raum zur Entfaltung. Vor allem Klaudija Jovanovic als Gundula berührt durch große Wandlungsfähigkeit. Felix Lampes ,,Pi“ wirkt allerdings eindimensional, sodass man sich kaum vorstellen kann, warum gleich drei Frauen für ihn schwärmen.

Die Aufführung berichtet von der komplizierten Innenwelt junger Erwachsener. Dass der Abend dennoch nicht durchgehend packt, mag vor allem am Text liegen: Sagor entwickelte ein weitgehend handlungsfreies Rede-Stück. So bleibt manches blutarme Behauptung (,,Es ist eine Regel. Wir halten Sicherheitsabstand ein. Wir wollen nicht verletzt werden.“), was ein echtes Theatererlebnis hätte werden können. Ulrike Cordes

nächste Vorstellung: 19.5., 19 Uhr, Altonaer Theater