„Aufrüstende Männer“

Ermahnender Freispruch wegen Messerstecherei beim G-Move. Richterinnen erkennen auf Notwehr, Angeklagter trägt moralische Mitschuld am Tod eines Hooligan

Der „Generation Move“ steht bevor, die Ereignisse der Techno-Parade vom vorigen Jahr sind gestern erst aufgearbeitet worden. Das Landgericht Hamburg sprach Ahmet Ö. (25) vom Vorwurf des Totschlags frei, verurteilte ihn aber wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz aufgrund des Tragens eines Butterflymessers auf einer öffentlichen Veranstaltung zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Für die Verteidiger Manfred Getzmann und Gerhard Strate geht das Urteil „völlig in Ordnung“ .

„Eine Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen,“ sagte Richterin Claudia Lesmeister-Kappel. Denn das Gericht gehe davon aus, dass der Vorfall zu vermeiden war. „Aber wir müssen davon ausgehen, dass dem Angeklagten die Möglichkeit genommen war, die Flucht zu ergreifen.“ Daher sei es „geboten“ gewesen, in Notwehr das Messer einzusetzen, sagt sie.

Der Sachverhalt: Eine Gruppe gewalttätiger Hooligans hatte sich beim G-Move vor einem provisorischen Bierstand der berüchtigten „German Trouble Makers“ am Michel getroffen, randaliert und „Südlander“ angegriffen. Als Ahmet Ö. Zeuge einer Prügelei wurde, die Hools-Anführer Torga W. mit einem „Scheiß Kanacken“ quittierte, sah sich Ö. provoziert, zog sein Messer und ging damit jonglierend auf die Hools zu. Es hagelte Flaschen, Ö. trat die Flucht an, wurde aber eingeholt, zu Boden gestoßen und verprügelt. Laut Zeugen stach er sich darauf „den Weg frei“. Dabei verletzte er den Hooligan Dirk O. durch einen Herzstich tödlich.

Aus Sicht der Richterin bleibt trotz umfangreicher Beweisaufnahme vieles im Unklaren. Vier Hooligans drohen Verfahren wegen Falschaussagen. Indes auch mahnende Worte an Ö., der von seinem prozessualen Recht des Schweigens Gebrauch machte. „Es ist festzustellen, dass immer mehr Männer bei solchen Veranstaltungen aufrüsten“, so die Vorsitzende der rein weiblich besetzten Schwurgerichtskammer 1. „Es ging zu Anfang nicht darum, einen Angriff abzuwehren“, sagt die Richterin: „Sie allein wissen, ob sie im Angriff oder in Notwehr gehandelt haben. Auf jeden Fall wiegt Ihre Verantwortung schwer.“ KAI VON APPEN