Politische Mengenlehre

Das große Rechnen am Tag nach dem Bildungs-Kompromiss. Niemand weiß, wie viele Lehrer es in Hamburg wirklich gibt. Klar ist nur: Es werden weniger

Klar ist: Gar nichts ist klar. Nachdem Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) und Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) sich vorgestern gleichermaßen „hochzufrieden“ über ihren Schulkompromiss äußerten, begann gestern das große Rechnen. Arno Becker, Chef des Deutschen Lehrerverbandes, kam zum Ergebnis: „Taschenspielertrick allererster Güte“. Tatsache ist: Lange muss 2003 und 2004 jeweils 12,8 Millionen Euro sparen. Wie und wo, darüber wird heftig spekuliert.

Dabei ist unklar, wie viele Lehrer die Stadt momentan überhaupt beschäftigt. Lange hatte behauptet, ausgehend von 13.600 Stellen jedes Jahr noch 100 zusätzliche zu schaffen, bis es in drei Jahren 13.900 sind und das als Erfolg verkauft. Auf Nachfrage räumte er ein, dass die Stadt momentan aber schon 13.750 Lehrer beschäftigt, weil der alte Senat über Plan eingestellt hatte. In der Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Britta Ernst im April spricht der Senat höchstselbst sogar von 13.923 Stellen.

Auf wiederholtes Nachfragen kam dann heraus: Die 13.750 Stellen gelten erst ab Schuljahresbeginn im August. Soll heißen: Bis dahin muss erst noch kräftig abgebaut werden. Nur ein Teil der zum Schuljahresende in Pension gehenden Lehrer wird ersetzt. Und auch die dann immer noch 150 Stellen über Soll „müssen wir aus dem System erwirtschaften“, sagt Behördensprecher Hendrik Lange und erläutert: „Wir wollen mehr Lehrer an der Tafel haben.“ Wer also jetzt in der Behörde sitzt und Pläne für die Schulentwicklung macht oder Kollegen fortbildet, wird wohl bald wieder vor der Klasse stehen. Das geht zu Lasten alter Aufgaben und junger Lehrer gleichermaßen.

„Bis vor zwei Monaten hieß es, wer ein Stück Kreide halten kann, wird eingestellt“, erzählt ein Referendar. Einer Kollegin signalisierte man kürzlich in der Behörde, sie solle sich schon mal einen anderen Job suchen. Genaues aber wüsste man noch nicht. Die Anmeldefristen in einigen Bundesländern sind aber bereits abgelaufen. Hendrik Lange versichterte gestern gegenüber der taz hamburg: „Wir stellen zum 1. August 200 junge Lehrer ein“, die Referendare vermag das nicht zu beruhigen: „Das glauben wir erst, wenn wir die Verträge haben“, sagt einer. Selbst dann bekäme weniger als die Hälfte der jetzt in Hamburg ausgebildeten Pädagogen hier auch eine Stelle. SANDRA WILSDORF