Sind Sie noch zu retten?

betr.: „Lehrer, die wir laufen ließen“, Serie, taz vom 13. 5. 02 ff

Die taz-Serie ist nicht nur beknackt, sie reiht sich auch ein in die gedankenlose Diffamierungskampagne, der LehrerInnen seit Jahren ausgesetzt sind. Man hat sich daran gewöhnt: Lehrer sind Freiwild geworden, auf das jeder schießen kann. Spätestens nach den Berichten über die Pisa-Studie wurden sie in einer beispiellosen Hetzkampagne zum Abschuss freigegeben. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis ein irregeleiteter Wahnsinniger tatsächlich auf Lehrer schießt.

Meine Hoffnung, dass die geistigen Schreibtischtäter nach diesem Blutbad endlich erschrecken, erkennen, was sie angerichtet haben, und ihre Hetzjagd endlich einstellen, war leider vergebens. Man braucht sich nur die zahlreichen Leserbriefe zu dem Blutbad anzusehen und stellt fest, dass die Diffamierung weitergeht .[…] Und es ist verantwortungslos, wenn die taz nach dem Erfurter Blutbad weitermacht in der Kampagne, Lehrer als die Deppen der Nation abzustempeln. […] Meine Bitte also an die taz-Redaktion: Stellt diese Verdummungsserie ein. […]

ERHARD JÖST, Heilbronn

Sind Sie noch zu retten, dass Sie den Mord an 13 Lehrerinnen und Lehrern zum Anlass nehmen, spaßeshalber über „mehr verdienten Mord“ oder „hat gerade noch Glück gehabt“ zu räsonieren? Warum abonniere ich dieses Blatt? DIETER BEHRENDS

In der „Gurke des Tages“ amüsiert man sich über einen Lehrer, der das Thema „Jeder Lehrer ist ein Feind, den man umbringen muss“ in der Klasse bearbeiten lässt. Zitat: „Der natürliche Feind des Lehrers ist die Ironie.“ Direkt darüber liest man dann die Äußerung Klaus Bittermanns „ … aber an die naheliegendste und einfachste Möglichkeit dachte damals niemand. Nobody is perfect.“

Zugegeben, die Themenwahl des betreffenden Lehrers ist vielleicht etwas unglücklich, aber wie heißt es so schön: Im Angesicht von Verrohung und Todesangst ist der schwarze Humor ein probates Mittel, die eigene Seele zu schützen. In Kreisen angehender Lehrer kursieren inzwischen Witze darüber, dass ja nun glücklicherweise wieder „Stellen frei“ werden. Man braucht solche Ventile, um mit seelischer Belastung fertig zu werden. Wie kommt es aber, dass man sich auf der Wahrheitseite einerseits über solche Dinge lustig macht, andererseits aber das Töten von „unfähigen“ Lehrern unterschwellig (wenn auch in einem zugegeben zynischen Artikel) als legitimes Mittel darstellt? […] SIMON RESCH

Fällt Ihnen nach Erfurt nichts Witzigeres oder Originelleres ein als die Serie „Lehrer, die wir laufen ließen“? Wenn ich Abonnentin der taz wäre, würde ich sie sofort abbestellen. So werde ich auch mein gelegentliches Mitlesen einstellen. Aber diesen nicht zu überbietenden Zynismus von Spätpubertierenden muss ich mir nicht antun. MARLIES BEITZ, Stuttgart

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.