Äpfel im rechtsfreien Raum

GAL will das Alte Land als pflanzenschutzrechtliches Sondergebiet ausweisen, um den Pestizideinsatz der Obstbauern besser kontrollieren zu können. Der Wirtschaftsbehörde wird Untätigkeit vorgeworfen, da das Gebiet eh „abgewickelt“ werden solle

von PETER AHRENS

Die GAL hat einen Korb Äpfel zur Pressekonferenz eingekauft, rät den MedienvertreterInnen allerdings, „sie erst zu putzen oder zu waschen, bevor man sie isst“. Die Äpfel kommen aus dem Alten Land, und das ist für den umweltpolitischen Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Christian Maaß, „der größte rechtsfreie Raum in Deutschland“. Wobei er dies gar nicht auf die Airbus-Planungen bezieht, sondern auf den Umstand, dass die Bauern dort nach seiner Ansicht tagtäglich gegen das Pflanzenschutzrecht verstoßen. Nämlich dann, wenn sie das Obst mit Chemie spritzen und damit das Wasser in den unzähligen Gräben im Alten Land verschmutzen. Den Landwirten weist Maaß daran allerdings keine Schuld zu – es ist die Wirtschaftsbehörde des Senats, der die GAL den Schwarzen Peter zuschiebt.

„Die Obstbauern werden quasi gezwungen, gegen das Recht zu handeln“, sagt Maaß und verweist auf die Vorschrift des Pflanzenschutzgesetzes, das den Einsatz von Pestiziden im geringen Abstand zu Gewässern untersagt. Die Gräben sorgen allerdings dafür, dass es große Abstände zum Wasser im Alten Land gar nicht gibt. Um Rechtssicherheit zu schaffen, müsse das Alte Land daher als ein pflanzenschutzrechtliches Sondergebiet ausgewiesen werden, verlangen die Grünen. Das hätte zwei Effekte: Die Bauern wüssten rechtlich, woran sie sind, und die Gewässer könnten besser geschützt werden, da in einem Sondergebiet genau kontrolliert würde, wieviel und unter Einsatz welcher Technik gespritzt wird.

Niedersachsen hat auf seinem Gebiet des Alten Landes diese Ausweisung als Sondergebiet bereits vollzogen. Seitdem sei auch die Kontrolle der Umweltrichtlinien besser geworden, und Missstände würden schneller aufgedeckt. So war vor Wochen aufgeflogen, dass zahlreiche Bauern auf dem niedersächsischem Territorium des Alten Landes weit mehr Gift einsetzten als erlaubt ist.

Anders als die Landesregierung in Hannover zeige die Hamburger Wirtschaftsbehörde bisher kaum Interesse, sich dem Thema zu widmen. Für Maaß ist das ein „Skandal im Quadrat“ – bezeichnend, wie dieser Senat mit dem Alten Land umgehe: „Die Leute dort müssen tatsächlich das Gefühl haben, sie befinden sich in der Abwicklung.“ Angesichts der von Verkehrssenator Mario Mettbach angestrebten und vom Senat abgesegneten Trassenplanungen im Süderelberaum mit der Autobahn 26 und der zusätzlichen Umgehungsstraße Finkenwerder ist es für Maaß „nur noch super-zynisch, das Alte Land als Weltkulturerbe anzumelden“.

Stattdessen sieht sich die GAL mit ihrem Vorstoß, den sie als Antrag in die kommende Bürgerschaftssitzung einbringt, „Seite an Seite mit den Bauern“. Die Landwirte, mit denen er gesprochen habe, so Maaß, hätten sich jedenfalls auch für die Ausweisung ausgesprochen, „um endlich aus der erzwungenen Illegalität herauszukommen“. Letztlich werde so „die Existenzgrundlage der Obstbauern gesichert“.