Augen zu und durch

Nach den Berichten über Prüfungsmanipulationen reagiert die Polizei-Uni auf ihre Art und fordert per Unterschriftenliste Corpsgeist ein

von KAI VON APPEN

Rasterfahndung an der Polizei-Uni: Nach Berichten über Manipulationen bei Prüfungen an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung/Fachbereich Polizei wird jetzt nach undichten Stellen gesucht. Per Unterschriftenliste verlangt die Leitung den Schulterschluss aller ProfessorInnen, DozentInnen und Studierenden – wer nicht unterschreibt, bezichtigt sich indirekt selbst der Nestbeschmutzung. Textauszug: „Wir haben weder in der Vergangenheit herabsetzende oder beleidigende Informationen über den Fachbereich oder Mitglieder des Fachbereichs an die Presse getragen, noch werden wir dies in Zukunft tun.“

Kritik an der defizitären Kommissar-Ausbildung der „Flachhochschule“, wie sie von einigen tituliert wird, gibt es seit Jahren. So sind die Aufnahmekriterien stetig gesunken: um die Quote bei der Schaffung des Nachwuchses einzuhalten, wurden auch so genannte „Studieruntaugliche“ genommen. Dies führte immer wieder zu Skandalen. Es gab neonazistische und rassistische Auswüchse, Alkoholexzesse bei auswärtigen Seminaren, im bayerischen Sambachshof wäre eine Studentin einmal fast vergewaltigt worden. Dies gipfelte schon im November 2000 in Überlegungen von Ex-Polizeipräsident Justus Woydt, den angehenden KommissarInnen „Aufpasser“ mitzuschicken.

Nachdem jüngst eine Examensklausur wegen Themenverrats wiederholt werden musste, hatten Insider der Polizei-Uni in der taz hamburg die These aufgestellt, dass Manipulationen bei Prüfungen nicht die Ausnahme, sondern die Regel seien. Gerade vor dem Hintergrund, dass Innensenator Ronald Schill die Zahl der Studierenden zum 1. Oktober auf 280 StudentInnen verfünffachen möchte, muss für das künftige Niveau der Polizei Schlimmes befürchtet werden. Tatsächlich graut auch vielen im Polizeiapparat vor einem „Desaster“ im Herbst. In dieser Richtung könnten auch die Ankündigungen von Polizeipräsident Udo Nagel und Innenstaatsrats Walter Wellinghausen zu verstehen sein, die Aus- und Fortbildung „zu reformieren und effizienter zu gestalten“.

An der Polizei-Uni ist man indes mit Schadensbegrenzung ganz anderer Art in Form der Unterschriftenkampagne beschäftigt. „Wir distanzieren uns von vorgeblichen ‚Insidern‘ und ‚Kennern des Fachbereichs‘, die nicht bereit sind, ihre Aussagen offen und fair zur Diskussion und zur Prüfung zu stellen.“ Der Kritische Polizist und Ex-Hochschulsprecher Thomas Wüppesahl hat für dieses Vorgehen nur noch Sarkasmus übrig und schlägt vor, den Text zu ergänzen: „Ich habe noch nie eine Kollegin sexuell genötigt oder vergewaltigt; ich habe noch nie ein Hakenkreuz an die Wandtafel gemalt.“