beim beziehungsbäcker von FRANK SCHÄFER
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Die junge Bäckereifachverkäuferin machte gern ihren Job, das sah man. Jeden Kunden verwickelte sie in ein kleines Gespräch über das Wetter, über die geschmacklichen Vorteile des Steineckchens gegenüber dem gemeinen Weltmeisterbrötchen – und über das Wetter. Einige Menschen aber erweckten ihr Zutrauen, mit denen sprach sie sich dann richtig aus. Ich ahnte wohl schon bei unserer ersten Begegnung, dass ich zu diesen Erwählten gehören sollte, denn als ich etwas schwammig „fünf Brötchen“ bestellte, antwortete sie nur kühl: „Scheißegal welche?“

Nun, mit der Zeit lernte ich mich zu präzisieren und fand an der Kombi-Packung „zwei Croissants, zwei Baguettebrötchen, ein Weltmeister“ gefallen. Sie aber nicht! Und als ich eines Morgens einmal mehr meine Standardbestellung aufgab, ermahnte sie mich, dass man doch auch mal was anderes essen müsse. Zum Beispiel seien die Steineckchen gerade im Angebot. Und als ob sie geahnt hätte, dass ich einknicken würde wie ein benutzter Zahnstocher, packte sie schon zwei scharf gebackene Dreiecke ein – und über den Brötchenweltmeister verloren wir nicht ein Wort mehr.

Dafür viele andere über dieses norddeutsche Sauwetter. Sie komme nämlich ursprünglich aus dem fränkischen Raum, das heißt, nicht sie, sondern ihre Großeltern, sie sei schon geboren hier oben, aber so eine gewisse „südliche Veranlangung“ habe sie dann wohl doch mitbekommen, anders sei es ja gar nicht zu verstehen, dass ihr dieser ständige Regen immer noch so sehr aufs Gemüt schlage. Und ob das bei mir eigentlich genauso sei.

„Doch, doch“, bestätigte ich, um endlich bezahlen zu können. Und in Gedanken machte ich meiner Frau schon mal klar, dass sie an diesem Wochenende wohl auf ihre Lieblingsschrippe verzichten müsse. Wieder schien das Mädchen im Kittel meine Gedanken lesen zu können, denn sie kam nun ebenfalls auf unsere Beziehung zu sprechen.

„Sag mal, diese blonde Frau, mit der du neulich hier warst, wohnt ihr zusammen?“ – „Mhm“, nickte ich arglos. „Ist das nur deine Freundin, oder bist du verheiratet?“ – „Verheiratet.“ Mir wurde jetzt etwas mulmig, weil zwei weitere Kunden die Bäckerei betreten hatten. Weibliche auch noch. „Und? Kinder?“ Ich sah sie versteinert an, konnte nur noch ablehnend den Kopf schütteln. Aber sie machte ein trauriges, mitfühlendes Gesicht. „Klappt’s nicht?“ – „Doch“, beeilte ich mich, weil ich die spöttischen Blicke der beiden Mütter hinter mir beim Hinausgehen fürchtete, „aber, ähm …“ Lieber Gott im Himmel, wenn es dich gibt, lass dir was einfallen! „Aber wir haben ja noch Zeit …“ Du hattest deine Chance! Mit gesenktem Kopf verließ ich den Laden.

Nun, ein paar Tage später erzählte ich den Kasus einer Freundin, die in der Nähe wohnte und also auch nämliche Bäckerei frequentierte. Und sie seufzte tief, schien also Bescheid zu wissen und erzählte dann, dass sie mal „vor versammelter Mannschaft“ von der jovialen Kassenkraft nach einem Frauenarzt in der Nähe gefragt worden sei. Sie hätte da so ein merkwürdiges Jucken ...