Heilpraktiker Ihres Vertrauens

betr.: „Reden macht sich nicht bezahlt“ (Homöopathie: Gezerre um eine Heilsgeschichte), taz vom 14. 5. 02

Es gibt Homöopathen, Homöopathen und Homöopathen. Ulrike Winkelmann hat die Gedanken hinter der Homöopathie und dadurch auch die Gründe, aus denen die Klassische Homöopathie mit ihren aufwändigen Anamnesen ungern gezahlt wird, verkürzt. Manche Ärzte nennen sich „Homöopath“ und verschreiben Komplexmittel, in denen alle für eine Krankheit geeigneten Homöopathika zusammengerührt sind. Irgendwas wird schon helfen, meistens hilft’s auch. Andere nennen sich „Homöopath“ und verschreiben Einzelsubstanzen nach rein schulmedizinischer Diagnose. Auch hier werden nicht selten Treffer erzielt.

Der Klassische Homöopath jedoch führt das genannte lange Anamnesegspräch und wählt aus tausenden von Mitteln eines aus, das zum Patienten passt. Zwei MigränepatientInnen mit identischen Symptomen werden, abhängig vom „Konstitutionstyp“ und ihrer persönlichen Lebensgeschichte, verschiedene Homöopathika bekommen. Insofern ist eine Doppelblindstudie kaum möglich, denn mit ihrer Hilfe kann die Wirksamkeit einer Substanz, nicht einer ganzen Therapieform verifiziert werden. Zudem hindert gerade die schulmedizinische Routine viele ÄrztInnen daran, echte Klassische Homöopathie auszuüben.

Wer Klassische Homöopathie in Reinform sucht, ist daher bei eineR HeilpraktikerIn seines Vertrauens am besten aufgehoben. Die hierbei entstehenden Kosten tragen viele Krankenkassen interessanterweise. VOLKER KÖNIG, Tönisvorst

Als Arzt, der sich kritisch mit der Pharmaindustrie auseinander setzt und der dafür ist, dass ein Haufen von Medikamenten mit fraglicher Wirkung endlich aus dem Erstattungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen verschwindet, habe ich Mühe nachzuvollziehen, warum die Homöopathie mit anderen Maßstäben gemessen werden soll als die Schulmedizin. Ist es tatsächlich zu viel verlangt, dass ein Medikament besser wirkt als ein Placebo, um in die Erstattungspflicht zu gelangen?

Die große homöopathische Anamnese ist eine schöne Sache – PatientInnen mit längerwierigen Erkrankungen sollten aber grundsätzlich vor jeder Behandlung eingehend über ihre Krankengeschichte und auch über ihre Lebenssituation befragt werden. Ansonsten frage ich mich, warum die Homöopathie zu den sprechenden Disziplinen der Medizin gerechnet wird, erschöpft sie sich doch wie eine schlechte Schulmedizin nicht selten darin, im Vertrauen auf die Wirkung Substanzen mit fraglichem Gehalt in sich hineinzuschlucken. GÜNTHER EGIDI, Bremen

Dank des erleuchtenden Artikels lässt sich die taz-Lektüre zukünftig wohl noch wirkungsvoller gestalten. Man falte die aktuelle Ausgabe der taz gemäß den homöopathischen Richtlinien sorgsam zusammen und hochpotenziere ihre Wirkung durch das gezielte Abstellen einer Teetasse. Nun betrachte man einen Buchstaben lange und konzentriert statt vieler kurz hintereinander. Das intensiviert das Wissenserlebnis und schützt den Tisch vor Teeflecken (vom gesenkten Papierallergierisiko mal ganz abgesehen), denn Homöopathie wirkt.

Wie kann man eingestehen, dass sich die Behandlungseffekte von homöopathischen Medikamenten in einer Doppelblindstudie nicht von denen eines Placebos unterscheiden und dann den Krankenkassen einen Vorwurf daraus machen, dass sie nicht dafür zahlen? Wenn das Homöopathen-Patienten-Gespräch der wirksame Faktor der homöopathischen Behandlung ist, wie in dem Beitrag angenommen, so handelt es sich um nichts anderes als Psychotherapie. Auch diese müsste ihre spezifische Wirksamkeit im standardisierten Vergleich unter Beweis stellen, zum Beispiel gegenüber anderen Arzt-Patienten-Gesprächen, anderen psychologischen Therapieverfahren und einfacher Aufmerksamkeitszuwendung (Placebo). Solche standardisierten Untersuchungen sind notwendigerweise Voraussetzung für die Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Zweifelsohne gibt es Anlass zur Kritik am Angebot der durch die Krankenkassen finanzierten Behandlungen, im vorliegenden Fall ist sie jedoch unbegründet. ANJA SIEGMUND, MATHIAS BISCHOFF, Gießen