Fußball hat auch was mit Liebe zu tun

■ Der Bremer Verein „Roter Stern“ ist Alternativer Deutscher Fußball-Meister

„Wir waren immer die Netten, Süßen. Ich weiß auch nicht genau, wie wir das gemacht haben“, wundert sich Mannschaftskapitän Michael Pelster – „alle nennen mich Pelle“ – über den Erfolg seines Fußballteams „Roter Stern“. Dass sie sich nicht auf dem Rathausbalkon bejubeln lassen dürfen, nimmt er gelassen: „Man würde uns ja sowieso nicht sehen.“

Die früheren Maoisten von „Roter Stern“ spielen schon seit 28 Jahren jeden Sonntag Morgen um 10 Uhr Fußball. Sie stammen aus der alternativen Szene, sind mittlerweile ergraut, so um die 50, und größtenteils im Leben eingerichtet. Meister waren sie noch nie. Jetzt ist es passiert, zu Pfingsten in Berlin: Angereist mit 24 Leuten in der Mannschaft, hatte „Roter Stern“ immer frische Spieler auf dem Platz. Denn beim Alternativkick darf man auswechseln, so oft man will. Die Mannschaftsaufstellung kann nicht das Erfolgsrezept gewesen sein. Pelster wollte zwar eigentlich mit einer starken Aufstellung beginnen. Aber als der Vorschlag auf dem Tisch lag, machten sich die politischen Wurzeln der Mannschaft bemerkbar: „Das ist Kapitalismus pur!“ – Eine kapitalistische Mannschaftsaufstellung? – „Nach dem Leistungsprinzip“, erklärt er. Statt dessen klärten die Spieler untereinander, wer wo und wann spielen wollte – und siegten.

Alternativ am Gekicke sind vor allem die Regeln: Der Anstoß wird grundsätzlich zur gegnerischen Mannschaft gespielt. Hat ein Team im Laufe eines Turniers nicht mehr genug Spieler, helfen welche aus anderen Mannschaften aus. Dieses Jahr in Berlin entschied sich ein Team, mit nur neun Spielern auf dem Feld zu sein und den Ersatztorwart mit einem Regenschirm neben den eigentlichen Torwart zu stellen. Der sollte vom Dauerregen nicht so nass werden. Und die Siegerehrung: „Die dauert zweieinhalb Stunden, weil es keine Verlierer gibt. Jede Mannschaft wird zelebriert.“

Sogar für die Liebe ist Platz. Ein Spieler verguckte sich spontan in die Ehefrau eines anderen. Aber statt eine Prügelei anzuzetteln, überreichte er seiner Herzensdame am nächsten Tag im Rahmen der Siegerehrung eine Rose und sagte: „Fußball hat auch was mit Liebe zu tun.“ Der vermeintliche Rivale sang darauf ins Mikro: „Du kriegst sie aber trotzdem nicht.“ Und die Geschichte war ausgestanden.

Nächstes Jahr zu Pfingsten richtet „Roter Stern“ gemeinsam mit „Stahl Eisen“, die in Berlin 18. wurden, die 17. Deutsche Alternative Fußballmeisterschaft aus. ube