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Von „konstruktiver“ Atmosphäre ist allseits die Rede. Doch zu substanziellen Annäherungen kommt es bei Solidarpakt-Verhandlungen im öffentlichen Dienst zwischen Senat und Gewerkschaften nicht

von STEFAN ALBERTI
und ROBIN ALEXANDER

Der rot-rote Senat und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben gestern bei einem Gespräch über den so genannten Solidarpakt in der Substanz keine Annäherungen erzielt. Der Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verkündete jedoch Fortschritte beim Verfahren. Sieben Arbeitsgruppen aus Vertretern des Senats und der Gewerkschaften und fünf weitere Arbeitsgruppen mit Vertretern des Beamtenbundes sollen in Zukunft Vorschläge zur Verwirklichung des Solidarpaktes erarbeiten.

Wowereit betrachtet das gestrige Treffen dennoch als Erfolg: „Es bestand Konsens, dass es keine Alternative zur Personalkostenreduzierung gibt. Vorschläge dafür sollen die Arbeitsgruppen erarbeiten.“ Bernd Rissmann, der Verhandlungsführer der DGB-Gewerkschaften, sagte hingegen: „Wir meinen, die Arbeitsgruppen sollen sich nicht auf Personalkostenreduzierung beschränken.“ Die Gewerkschaften wollen auch nach anderen Wegen suchen, den Haushalt „bis 2010“ zu konsolidieren.

Auch wenn beide Seiten von „einer gemeinsamen Basis“ sprachen, bleiben doch inhaltliche Differenzen, die kaum zu verhehlen waren. Die Gewerkschaften wollen Veränderungen der Tarifverträge unbedingt vermeiden. Dies wollte Wowereit jedoch auch gestern nur für den Fall zugestehen, dass die für den Solidarpakt veranschlagten Einsparungen von 500 Millionen Euro jährlich auch auf anderem Wege erreichbar sind. Das Ziel des Senats, die Gewerkschaften auf das Sparziel zu verpflichten, wurde ebenfalls verfehlt. Rissmann: „Ob am Ende tatsächlich 500 Millionen stehen werden, sollen die Arbeitsgruppen klären.“

Zweieinhalb Stunden hatten die Spitzen von DGB, Ver.di, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Gewerkschaft der Polizei im Roten Rathaus mit der Senatsspitze zusammengesessen. „Konstruktiv“ sei die Atmosphäre gewesen, im Politsprech die übliche Vokabel bei solchen Anlässen. Allein Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), so stellten es die Gewerkschafter dar, soll zwischenzeitlich polarisiert haben.

Die Messlatte für die Ergebnisse legten die Gewerkschafter niedrig an. GEW-Mann Thöne sah Fortschritte schon durch die Arbeitsgruppen, für ihn ein Rahmen, der „organisiertes Sprechen“ über einen Solidarpakt ermögliche. Während Thöne aber bei dem Treffen keine Drohungen von Seiten des Senats für ein Scheitern der Gespräche erkennen mochte, kündigte Wowereit für diesen Fall „einseitige Maßnahmen“ an. Wann die Gespräche abgeschlossen sind, mochte Wowereit gestern nicht prognostizieren. Im März hatte er einen Abschluss bis Herbst angestrebt.

Auf Senatsseite saß außer Wowereit, Sarrazin und Innensenator Ehrhart Körting (alle SPD) erstmals Wirtschaftssenator und PDS-Mann Gregor Gysi mit am Tisch. Doch der habe sich nur dadurch von den anderen unterschieden, „dass er uns immer als Kolleginnen und Kollegen bezeichnet hat“, sagte Ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen. Sie räumte zwar ein, dass eine Haushaltskonsolidierung notwendig sei. Die aber sollen nicht die Landesbeschäftigten tragen.

Im Entwurf des Haushaltsplans für dieses und nächstes Jahr ist der Solidarpakt mit einer halben Milliarde Euro fest eingeplant. Für den Senat ist das eine feste Größe, für die Gewerkschaftsseite weiterhin nicht, betonte Stumpenhusen. „Wir haben deutlich gemacht, dass wir das Ziel, den Haushalt in dieser kurzen Zeit zu sanieren, für verfehlt halten.“

In den vereinbarten Arbeitsgruppen soll es nun unter anderem um die Neuorientierung der Verwaltungsreform gehen, um Personalplanung und -entwicklung, um Bildung in Schulen und Kitas. Vier Monate lang waren die Gespräche nicht über ein Kaffeetrinken beim Regierenden Bürgermeister hinausgekommen, der eine Einigung bis Herbst anstrebte. Zwischenzeitlich hatten die Gewerkschaften weiteren Verhandlungen eine Absage erteilt.