„Schutzwall“ für den Haushalt

Höhere Steuern für Reiche – weniger Kindergeld für Kriegsdienstverweigerer: Um das kriegsgebeutelte Budget Israels zu sanieren, beschloss das Parlament gestern einen neuen Haushaltsplan. Schas-Abgeordnete blieben Abstimmung fern

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Vätern, die keinen Kriegsdienst absolvieren, wird in Israel jetzt das Kindergeld um 24 Prozent gestrichen. Das sieht der auf 18 Monate angelegte Haushaltsplan von Finanzminister Silwan Schalom vor, der gestern in erster Lesung mit 65 zu 26 Stimmen das Parlament passierte. Schalom hatte sein Paket ohne Änderungen ins Parlament eingebracht, und das obschon es zwei Tage zuvor an den 17 Parlamentariern der orientalisch-orthodoxen Schas-Partei knapp gescheitert war. Ministerpräsident Ariel Scharon schmiss die Abtrünnigen daraufhin kurzerhand aus der Koalition, gestern blieben sie der erneuten Abstimmung fern.

Mit massiven Kürzungen vor allem im Sozial- und Erziehungsbereich, Steuererhöhungen für Besserverdienende sowie eine einprozentige Erhöhung der Mehrwertsteuer auf künftig 18 Prozent will Finanzminister Schalom das 13 Milliarden Schekel (etwa 4 Milliarden Euro) tiefe Loch im Fiskus stopfen. Bereits Anfang Mai hatte er dem Regierungschef seinen Plan vorgelegt. Grund für die Überarbeitung des erst drei Monate zuvor verabschiedeten Haushalts ist die Militäroperation „Schutzwall“, die das ohnehin mitgenommene Budget mit weiteren rund 100 Millionen Euro zusätzlich belastete. Im Vergleich zum Gesamtdefizit allerdings eine Summe, die kaum ins Gewicht fällt.

„Die Situation ist schrecklich, der Boden brennt und die Regierung ist wahnsinnig geworden“, kommentierte Oded Tyrah, Chef des Kooperationsrats der Wirtschaftsorganisationen in Israel, gegenüber der Tageszeitung Jerusalem Post. Der Finanzplan Silvan Schaloms treibe „die Geschäftsbranche in eine Steuerrevolte“. Tyrah rechnet mit einem zusätzlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, die landesweit bereits bei über 10,2 Prozent liegen, sowie mit einem Fortdauern des Negativwachstums und finanzieller Instabilität. „In manchen Fällen gehen 70 Prozent der Kosten für eine Arbeitskraft an das Finanzamt“, erklärte er.

Schon kurz nach Bekanntwerden der ersten Einzelheiten des neuen Haushaltsplans stieg der Dollar um mehrere Stellen hinter dem Komma auf eine neue Rekordrate. Der Index im April betrug bereits 1,5 Prozent. Das Staatliche Statistikbüro rechnet mit einer Inflationsrate von 8 Prozent für das laufende Jahr. Grund dafür sind in erster Linie die an den Dollar geknüpften Kosten wie Miete, die allein seit Jahresbeginn um knapp zehn Prozent gestiegen ist. Die allgemeine Gewerkschaft Histadrut kündigte bereits einen neuen Arbeitskampf an, um der Inflation mit Einkommenssteigerungen von mindestens 5 Prozent entgegenzukommen. Als „schwer verständlich“ kommentierte die liberale Tageszeitung Haaretz den Versuch des Finanzministers, die aufgrund des Negativwachstums ausbleibenden staatlichen Einnahmen per Steuererhöhungen auszugleichen.

Eitan Schaschinsky, Wirtschaftsprofessor an der Hebräischen Universität in Jerusalem, ist indes bereits allein über die Tatsache befriedigt, dass es nun überhaupt einen Plan gibt. „Wäre ich Abgeordneter, hätte ich dafür gestimmt.“ Dennoch werde an der falschen Stelle gespart. Anstatt die Verdienenden zusätzlich zu belasten, hätten „die ministerialen Ausgaben gekürzt“ werden müssen. Zwar sei auch für das kommende Jahr kein Wachstum erkennbar, dennoch bestünde kein Grund zur Panik. Schaschinsky: „Schließlich sind wir nicht Argentinien.“