Ausschuss vor dem Abschuss?

■ Streit um die Akteneinsicht im PUA Bauvergabe: Zech-Anwälte wollen klagen. Das könnte zum Scheitern der Ermittlungen führen. Seit gestern machen SPD und Grüne gemeinsame Sache

Der Inhalt der Akten im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) „Bau und Immobilien“ muss hochbrisant sein. Anders wäre der heftige Streit um das Vorspiel nicht zu verstehen, der jetzt entbrannt ist.

Eigentlich sollten die Assistenten des Untersuchungsausschusses am vergangenen Mittwoch einen großen Schwung Akten im Polizeipräsidum einsehen. Aber am Dienstagnachmittag erreichte den Ausschuss ein Brief der Anwälte der Firma Zechbau, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen Bestechung im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Bauaufträge ermittelt. Darin monierten sie, dass der PUA im Rahmen seiner Ermittlungen auf private Akten zurückgreift, die die Staatsanwaltschaft zum großen Teil noch nicht einmal gesichtet habe, geschweige denn ihre förmliche Beschlagnahme bei Gericht beantragt habe. Das wäre aber nach Ansicht der Zech-Anwälte die rechtliche Mindestvoraussetzung für eine Sichtung durch den Untersuchungsausschuss. Eine gerichtliche Vorprüfung würde die Arbeit des Untersuchungsausschusses allerdings vermutlich um Monate verzögern. Eventuell könnte der Ausschuss dadurch ergebnislos bleiben, weil seine Laufzeit durch die Landtagswahl im März 2003 begrenzt ist.

Grund genug also, sich unbürokratisch auf ein schnelles Verfahren zu einigen. Auch die Anwälte der Firma Zechbau beteuern, an nichts sei ihnen mehr gelegen, weil die laufende Untersuchung ihrem Mandanten schade. „Deswegen haben wir bisher auf Rechtsmittel verzichtet“, sagt Rechtsanwalt Erich Jöster.

Und tatsächlich schien eine Einigung zum Greifen nahe: Die Fraktionen der großen Koalition im Ausschuss hatten vorgeschlagen, die Akten gemeinsam mit Staatsanwaltschaft und den Zech-Anwälten durchzusehen und die wirklich strittigen Teile auszusortieren, damit ein Gericht über sie entscheide. Als Beispiel werden hier persönliche Unterlagen wie Sparbücher der Kinder von Verfahrensbeteiligten genannt. „Da wären höchstens zwei Leitz-Ordner übrig geblieben“, ist sich Jöster sicher.

Allein, gestern wollte sein Anwaltskollege Otto Backes von einer Einigung nichts mehr wissen. Über Nacht will er das dafür nötige Vertrauen in die Grünen verloren haben. Der grüne Ausschussvertreter Matthias Güldner hatte den Anwälten öffentlich vorgehalten, sie wollten das Verfahren nur blockieren. Aber Güldner selbst war mit dem Kompromissvorschlag der Koalition auch nicht einverstanden. „Die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, in welche Akten die Anwälte Einsicht nehmen dürfen“, aus ermittlungstaktischen Gründen. Aber auch grundsätzliche Erwägungen sprechen für Güldner gegen das gemeinsame Aktenstudium aller Parteien: „Der Ausschuss muss Herr seines Verfahrens bleiben.“

Dagegen fuhr die stellvertretende Vorsitzende Catrin Hannken (CDU) schweres Geschütz auf: „Der Ausschuss sollte sein Selbstbewusstsein nicht auf einen Rechtsbruch gründen.“ Sie forderte daher eine Korrektur in der Vorgehensweise des Gremiums: Für die Akteneinsicht sollten vorab richterliche Genehmigungen eingeholt werden. Das Wort „Rechtsbruch“ wies der Vorsitzende Hermann Kleen (SPD) zurück: Man befinde sich im Einklang mit der Justizverwaltung. Deshalb stimmte die SPD mit den Grünen für ein Festhalten am bisherigen Vorgehen: Alle vorhandenen Akten sollen genutzt werden, solange die Anwälte dagegen nicht mit Erfolg rechtlich vorgegangen sind. Die wollen darüber am Montag entscheiden. Nur die CDU-Ausschussmitglieder wollen die strittigen Akten nicht mehr anfassen.

Jan Kahlcke