Ein Dutzend Diven stürmt den Mond

Mit Astronaut Neil Armstrong als besonderer Motivation spielen die Fußballerinnen des 1. FFC Frankfurt auch das schwedische Team von Umea IK schwindlig, gewinnen 2:0 und holen sich den ersten Europacup der Frauen

FRANKFURT/M. taz ■ Es gibt eine nicht ganz unwichtige Theorie, dass Apollo 11 nie auf dem Mond gelandet ist. Die andere Theorie besagt, dass der erste Mann auf dem Mond in Wirklichkeit eine Frau war. So ähnlich jedenfalls. „In dieses Finale zu kommen, wäre für den 1. FFC genau so ein Erfolg wie für die Raumfahrt der erste Mensch auf dem Mond“, hatte Monika Staab, die Trainerin des 1. FFC Frankfurt zu Beginn des ersten Europapokals im Frauenfußball gesagt. Und jetzt hat sie mit ihrer Mannschaft dieses Finale auch noch gewonnen.

22 Jahren nach der Frankfurter Eintracht holten die Frankfurterinnen vom 1. FFC vor 13.000 Zuschauern im Frankfurter Waldstadion den Uefa-Pokal mit einem 2:0-Sieg gegen den schwedischen Meister Umea IK wieder an den Main. Nicht nur ein historischer Sieg in der Geschichte des Frauenfußballs, sondern auch ein Erfolg, der dem Pokalsieger und So-gut-wie-Meister 1. FFC die Chance gibt, als einziges europäisches Fußballteam das Triple aus Pokal, Meisterschaft und Europacup zu gewinnen.

Ironie des Fußballs: Ausgerechnet Klaus Toppmöller, mit Bayer Leverkusen Protagonist des Verlierer-Triples, hat Monika Staab während ihrer Ausbildung zur Fußballlehrerin die entscheidenden Impulse in Sachen Teampsychologie gegeben. „Wie er damals mit einem echten Adler in der Eintracht-Kabine auftauchte“, hat mich beeindruckt. Visuelle Reize statt Geschwätz in der Mannschaftskabine – zur Motivation hat Monika Staab das Bild von Neil Armstrongs erstem Schritt auf dem Mond in der Kabine aufgehängt.

Die Besten sind sie sowieso beim 1. FFC Frankfurt; aber ein Dutzend Diven, die zusammen 650 Länderspiele auf die Beine stellen, auch in der Laune zu halten, nicht nur für sich, sondern miteinander zu spielen, das ist die Kunst. Und das Timing war perfekt. Denn das FFC-Team begann die Partie mit einem Selbstbewusstsein, als würde es nicht gegen einen der stärksten Konkurrenten in Europa spielen, sondern gegen einen der oft hilflosen Spielpartner aus der Bundesliga. Dabei kam Umea IK mit der sensationellen Serie nach Frankfurt, seit 64 Spielen und zwei Jahren nicht mehr verloren zu haben. Als taktische Überraschung hatte die Trainerin Kapitänin Nia Künzer zu Katrin Kliehm und Birgit Prinz in den Angriff beordert, und mit diesem dynamischen Trio sowie fünf Spielerinnen im Mittelfeld tricksten die Frankfurterinnen die Viererkette von Umea ein ums andere Mal aus. „Gut, dass das Waldstadion zehn Meter breiter ist als unser normales Stadion. Da kann die Birgit so viel laufen, wie sie Lust hat“, hatte Mittelfeldregisseurin Renate Lingor vorher noch geflachst.

Und „die Birgit“, Stürmerstar Birgit Prinz, hatte so richtig Lust. Immer wieder stand sie im Mittelpunkt der gefährlichsten Aktionen, zum Beispiel in der 15. Minute, als sie nur knapp mit einem Kopfball scheiterte. Dem schwedischen Meister merkte man an, dass er auf seinen Superstar Hanna Ljungberg verzichten musste. Die 23-Jährige hatte Umea überhaupt erst in dieses Finale geschossen, sich aber im Halbfinale gegen HJK Helsinki die zweite gelbe Karte eingehandelt. So konnten die Schwedinnen nur reagieren, aber selten agieren, weil der Druck des 1. FFC zu groß war. „Frankfurt war einfach zu gut, wir hatten im Mittelfeld keine echte Chance, den Ball zu kontrollieren“, gestand die enttäuschte Kapitänin Umeas, Malin Moström. Der Kommentar einer fairen Verliererin, denn der 1. FFC spielte wahrscheinlich das beste Spiel der vergangenen zwei Jahre.

Angefeuert von den 13.000 – „geil, die waren nur wegen uns da“ (Kapitänin Künzer) – gelang Steffi Jones nach 68 Minuten das frenetisch gefeierte 1:0 per Kopf nach einer Flanke von Birgit Prinz. Damit wurde die Partie endgültig zur Gala der beiden Spielerinnen, die nun in die US-Profiliga wechseln. Denn die europäische Krone wurde dem 1. FFC Frankfurt endgültig von Birgit Prinz aufgesetzt, die den Triumph in der 89. Minute mit einem Flugkopfball perfekt machte. Danach krachte das von einem Sponsor spendierte Feuerwerk. „Sieht fast so aus, als ob wir unschlagbar wären“, meinte Renate Lingor im Gefühl des Triumphes kokett. Frech – aber selbst Neil Armstrong würde wohl nicht dagegen setzen. Und Klaus Toppmöller vielleicht gerne mal mit seiner Schülerin tauschen. MATTHIAS KITTMANN