DER VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2001 BRINGT WENIG NEUE ERKENNTNISSE
: Ein zweifelhaftes Machwerk

Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten sei erneut gesunken, erklärte Otto Schily gestern stolz bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2001. Gerne möchte man dem Bundesinnenminister glauben – aber leider stimmt die Aussage nicht. Schilys schöne Einleitung bezieht sich lediglich auf die Gesamtzahl aller braunen Gesinnungsgenossen in Deutschland, deren Zahl sich dank des Mitgliederschwundes bei „Republikanern“ und DVU tatsächlich verringert hat. Dafür stieg die Zahl der gewaltbereiten Rechten kräftig. Und auch die Zahl der organisierten Neonazis hat sich erhöht. Es gibt also keinen Grund zur Entwarnung – zumal schon beim Zustandekommen von Schilys Zahlen Skepsis angebracht ist.

So hat Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2001 nicht eine einzige rechte Gewalttat nach Köln weitergemeldet. Dass eine braune Hochburg, die im Verfassungsschutzbericht 2000 noch mit 49 rechtsextremistischen Gewalttaten verzeichnet war, plötzlich völlig friedlich geworden sein soll, ist wenig glaubhaft. Offenbar hat man in Schwerin recht kreativen Gebrauch von den seit dem vergangenen Jahr geltenden neuen Kriterien für die Definition politisch motivierter Straftaten gemacht. Ein direkter Vergeich zwischen den Zahlen der Jahre 2000 und 2001 ist damit derzeit nur noch bedingt möglich. Immerhin: Auch im Bereich des Linksextremismus haben die Verfassungsschützer einen beachtlichen Rückgang ausgemacht. Der allerdings ist den Schlapphüten und ihrem Minister nur die Bemerkung wert, „Struktur und Erscheinungsbild“ hätten sich gegenüber dem Vorjahr „kaum verändert“. Offenbar bleibt es schwierig, das alte Feindbild von der linken Szene aufzuweichen.

Neu war bei Schilys Auftritt nur, dass der Minister unumwunden zugab, man habe hinsichtlich der Gefahr islamistischer Anschläge schlicht keine Ahnung. Umso unverständlicher sind dann aber die sich ständig wiederholenden Warnungen der Sicherheitsbehörden. Das sieht offenbar auch Schily so und warnt klar vor einer „Stimmung des Alarmismus“. Alles andere aber war wieder einmal Business as usual. OTTO DIEDERICHS