Entscheidungen für oder gegen

Noch zwei Wochen lang darf im Künstlerhaus Weidenallee angeschaut und diskutiert werden: Eine Zwischenbilanz zur dreiteiligen Ausstellungsreihe „Stillstand, Absicht, Erfolg“ im Rahmen der 2. Triennale der Photographie Hamburg

Interview: SASCHA DEMAND

Stephanie Bunk ist Lehrende für Fotografie und Philosophie im Studiengang Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitet dort schwerpunktmäßig über den Raumbegriff des Philosophen Michel Foucault. Parallel dazu ist sie als Kuratorin für Kunstausstellungen tätig. Ihr derzeitiges Fotoausstellungsprojekt Stillstand, Absicht, Erfolg im Künstlerhaus Hamburg e.V. ist noch bis zum 2.6. zu sehen. Die taz hamburg sprach mit ihr über Kunst und Fotos, Diskurse und Gegendiskurse.

taz hamburg: Frau Bunk, was hat es mit dem offenbar provokant gemeinten Titel der von Ihnen kuratierten Ausstellung auf sich?

Stephanie Bunk: Die Reihenfolge der Wörter ist eher als ein ironisiertes Spiel, oder besser als ein Zirkel zu verstehen, der die ihnen zugeschriebenen Bedeutungen insgesamt in Frage zu stellen sucht. Die Ausstellung versucht, den alten Widerspruch zwischen Kunst und Gesellschaft, Kommerz und Isolation, Erfolg und Scheitern in ein neues künstlerisches Spannungsfeld zu rücken, indem es ihn zum wiederholten Male problematisiert.

Haben Sie dabei einen Ausweg gefunden, oder bleibt es bei dem Gegensatz zwischen dem verarmten, genialen Künstler und dem reichen, angepassten Werber, Designer, Fotografen?

Insbesondere die Fotografie bespielt ja diese Grenze zwischen Kunst und Kommerz. Für mich hat sich eher gezeigt, dass diese Polarität in ihrer Ambivalenz bleibt. Ein Gegendiskurs entwickelt sich eben nicht ohne weiteres. Die Widersprüchlichkeit, Standards erfüllen zu müssen oder anderenfalls den entsprechenden Ausschlussmechanismen zu unterliegen – das überhaupt zu problematisieren und auszuhalten setzt eine bewusstere Auseinandersetzung in Gang. Es ist eben nicht entschieden, wessen Diskurs und wessen Standard stattfindet. Wer oder was hat sich eigentlich in mir entschieden? Das gilt es zu studieren. Dafür möchte die Ausstellung eine Plattform bieten.

Die drei Ausstellungsteile waren ziemlich unterschiedlich. Könnten Sie die verschiedenen Ansätze einmal kompakt darlegen?

Olaf Fippingers Bilder im ersten Teil sind sehr subjektiv. Von filmischen Sequenzen ausgehend, darf man bei ihm von einer Verlangsamung des realen Filmbildes hin zu einem Stillstand der fingierten Fotographie sprechen. Seine Fotos thematisieren die Differenz von Stillstand und Bewegung, wobei seine ästhetischen Gegenstände stets Natur- und Kulturbegriffe zu irritieren scheinen. Zur zweiten Ausstellung Absicht haben wir den Arbeitsplatz der Online-Bildagentur plainpicture in den Künstlerkontext der Weidenallee verlegt und wurden uns somit wechselseitig zu Dienstleistern. Durch diesen verschobenen Blick wurde der Begriff der Arbeit selbst in Frage gestellt. Die letzte Ausstellung schließlich, Erfolg, der Fotografin und Künstlerin Barbara Breyer und des bildenden Künstlers Moritz von Woellwarth ist eher durch einen von Materialität geprägten Bildbegriff bestimmt. Die plakatwandgroßen Szenen erinnern gleichermaßen an Werbung unserer Tage wie an Tafelbilder großer Meister der Malerei von einst.

Was erwarten Sie sich von den letzten zwei Wochen?

Während der ersten Tage hat sich voraussetzungslos ein Gespräch zwischen dem Publikum, dem Philosophen Roger Behrens und mir entwickelt, das mich in seiner Tragweite über die Vermittlung von Theorie und Praxis, Kunst und Gesellschaft bis heute beschäftigt. Zur Finissage wird Moritz von Woellwarth eine Art Vortrag halten, von dem wir noch gar nichts wissen. Ich erhoffe mir von dieser Ungewissheit einen ebenso großen Erfolg.

Ausstellung Öffnungszeiten: Fr 16–20h; Sa 16–18h; So 14–18h, Künstlerhaus Weidenallee; Finissage mit Vortrag von M. v. Woellwarth: So, 2.6., 18h