Politik bleibt grau

Wieder kein regenbogenfarbenes Rathaus: Bürgermeister von Beust wird kein Schirmherr und Senatsempfang für HelferInnen des CSD entfällt

Der Senat ignoriert die Belange der lesbisch/ schwulen BürgerInnen

von PETER AHRENS

Es herrscht Funkstille zwischen Rathaus und der schwullesbischen Community in der Stadt. Der Christopher Street Day, zu dem am 8. Juni 150.000 Menschen erwartet werden, hat sich als Motto eine Kampfansage gewählt: „Jetzt erst recht“ heißt der Slogan und er wird „weitaus politischer sein als in den vergangenen Jahren“, wie Oliver Stein, CSD-Pressesprecher, betont. Der Senat reagiert auf seine Art: Zu Anfragen des schwulen GAL-Abgeordneten Farid Müller, ob sich die Regierung an der Parade und dem Straßenfest beteilige, erhält er die dürre Antwort: „Damit hat sich der Senat nicht befasst.“ Erstmals seit Jahren wird auch am Senatsamt für Gleichstellung nicht die Regenbogenflagge gehisst. Das Rathaus war auch schon zu rot-grünen Zeiten regenbogenfahnenfreie Zone.

So wird es in diesem Jahr keinen Senatsempfang für die HelferInnen des CSD geben, und auch die Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters ist kein Thema. Ole von Beusts Vorgänger Ortwin Runde (SPD) war im Vorjahr offiziell als Schirmherr aufgetreten. „Der Senat ignoriert die Belange der lesbischen und schwulen BürgerInnen Hamburgs“, beklagt Müller. Die Regierung von Beusts nehme lesbisch-schwule Projekte offenbar nur noch dann wahr, „wenn es dort etwas zu kürzen gibt“, spielt er auf die Streichungen bei der Förderung zahlreicher Schwuleneinrichtungen im Haushalt 2002 an. Kürzungen, die noch drastischer werden dürften, wenn im Senat über den Haushaltsentwurf 2003 beraten wird.

„Der Senat hat sich insgesamt gegenüber der Szene abgeschottet“, bedauert auch Stein. Es habe bisher keine Gespräche mit der Szene gegeben. Hoffnungen, die sich bei Amtsantritt auch mit der Person des Bürgermeisters verbunden hatten, hätten sich nicht erfüllt: „Es ging bei den bisherigen Kürzungen des Senats noch nicht einmal ums Sparen, sondern ums klare Umschichten“, empört sich Stein. Erstmals werde es daher eine politische Rede auf dem CSD geben: Redner wird der schwule grüne Bundespolitiker Volker Beck sein.

Stein kann auch der Szene Vorwürfe nicht ersparen. Man habe sich in der Vergangenheit „einfach zu sehr auf die bekennend schwulen Abgeordneten in der Bürgerschaft verlassen“ und sich nicht selbst um politischen Druck bemüht. So habe man es versäumt, den Lesben-SchwulenVerband LSVD zu stärken.

Politische Probleme hat der CSD auch intern zu lösen. So hat sich eine Gruppe von Schwulen und Lesben gänzlich vom CSD abgekoppelt und veranstaltet Ende Juni ihre eigenen „Queerrr Street Days“, da sie den offiziellen CSD als zu unpolitisch ablehnt. Im Vorjahr war es zum Streit gekommen, weil Organisatoren des CSD versucht hatten, den Wagen der Gruppe mit Hilfe der Polizei aus der Parade zu entfernen, weil von ihr ein CSD-Ordner angefahren worden sein soll. Im Nachhinein findet Stein die Entwicklung „schade, dass wir nicht alle gemeinsam auf die Straße bekommen“.