Made in Berlin: Sensual fighting

Die neue Sportart aus Mitte vermischt KungfuBoxing, Haka Feeling, ChiBalance, Bodytoning und Fatburning

Eine von dieser Zeitung durchgeführte Umfrage zum Kürzel SenFi lieferte interessante Ergebnisse. Es handelt sich aber nicht, wie zunächst vermutet, um Seniorenfitness, auch nicht um einen kindgerechten Senf. Total daneben: eine neuartige Musikanlage mit sensationeller Fidelity. Sensual Fighting (SenFi) ist nichts von all dem. SenFi ist ein Trend. Am Wochenende wurde der „sinnliche Kampf“ in einem Fitnessstudio in Mitte gezeigt, angekündigt als „Weltpremiere“.

Das „Holmes Place“, Teil der Friedrichstadtpassagen, versteht sich keineswegs als einfache Muskelbude. Hier fließen nicht nur Schweiß, sondern auch Emotionen in Strömen. Und wenn die Emotionen aus den Körpern geflossen sind, kann das Flüssigkeitsdefizit mit Champagner der Marke Veuve Cliquot, die Flasche für 70 Euro, gefüllt werden. Der „Premium-Club“ wirbt mit dem „Social-Effect“, offeriert neben Power Yoga und Deep Tissue Work eine „Mood Wall“, die farblich mit den Gefühlen der Gäste harmoniert.

„Wir bieten von allem das Beste“, sagt Sascha Papadopulos, auf dessen Visitenkarte die Berufsbezeichnung Assistant Club Manager prangt. Da versteht es sich von selbst, dass in dieser „Oase mitten im Tempo der Großstadt“ ein neuer Springbrunnen für die Seele installiert wurde. Wer durch die Wüste des Stresses ging, den dürstet es schließlich nach „innerer Balance“.

Wo es um kipplige Gemüter geht, sind die Gebrüder Yin und Yang nicht weit. Sie sind auch die Grußbotschafter der neuen Kreation. „Das Harte hat auch immer etwas Weiches in sich“, sagt Christa Traczinski, die SenFi-Erfinderin. Vor einem Jahr habe sie nachts eine Eingebung gehabt, seitdem widme sie sich der Idee. „Wir wollten sehr in die Emotionen gehen und nicht so ins harte Schweißprogramm“, erklärt sie und verrät die Zutaten ihrer neuen Fitnessmischung, als da wären: KungfuBoxing, Haka Feeling, ChiBalance, Bodytoning und Fatburning.

Man solle sich nicht von den Begriffen schrecken lassen, bittet sie. Es gehe eigentlich nur um einen Tanz im Dreivierteltakt mit „sphärischen Drohgebärden“ im Stil polynesischer Kriegstänze. „Klar, wie haben da auch ein bisschen geklaut“, räumt sie ein. Das Haka-Ritual kennt man aus den Auftritten der neuseeländischen Rugbyauswahl, die sich mit dem martialischen Tanz auf ihre Spiele einstimmt. Dabei wird gestampft, in die Luft geboxt, grimassiert und auch schon mal die Zunge herausgestreckt. „Darauf haben wir natürlich verzichtet und lieber ein paar Relax-Elemente eingestreut“, sagt Traczinski.

Deswegen wurde die Neuerscheinung auch nicht auf den Namen Yoga Attack getauft – zu aggressiv. Das Besondere des SenFi lasse sich daran ermessen, so Traczinski, dass es nicht „kopfgesteuert“ ablaufe, „gesund geschwitzt“ und eben nicht im herkömmlichen Viervierteltakt gehüpft werde. Weil ihr die Eingebung „direkt aus dem Herzen“ gekommen sei, entwickle ihr „Baby“ eine Kraft, die „überall Türen öffnen könne“.

Ein paar SenFi-Kraftfelder ließen sich bereits in ein Buch und auf Video bannen. Universal produzierte das Band. Ein Berater versucht derzeit, 500 Studios in Deutschland mit SenFi zu überziehen. Im Holmes Place startet demnächst ein Wochenkurs. „Das machen wir auf jeden Fall“, sagt Sascha Papadopulos, dem die Weltpremiere offenbar gut gefallen hat. Und Traczinski gesteht: „Eigentlich wollten wir gar keinen Trend kreieren, aber das ist wie ein Magnet, wie ein Geheimnis, voller Erotik und Zärtlichkeit.“ Falls der Trend den üblichen Weg der Trendsportarten geht und irgendwann von anderen Trends gefressen wird, dann gehen Christa Traczinski die Ideen noch lange nicht aus: „Dann schreibe ich eben ein Buch über die Wellnesslüge.“

MARKUS VÖLKER