Krach in Serbien

Präsident Kostunica droht nach einem Schachzug seines Gegenspielers Djindjić mit einer Schattenregierung

BELGRAD taz ■ Die Animosität zwischen Serbiens Reformpremier Zoran Djindjić und dem Bundespräsidenten Serbiens und Montenegros, Vojislav Kostunica, ist am Wochenende zu einer offenen Auseinandersetzung eskaliert. Unter der Federführung des Premiers löste das Präsidium der in Serbien regierenden Koalition DOS kurzerhand 10 von 23 Abgeordneten von Kostunicas Demokratischen Partei Serbiens (DSS) im serbischen Parlament ab und ersetzte sie durch Abgeordnete aus anderen Koalitionsparteien. Durch diesen politischen Streich sicherte sich Djindjić die bisher dünne Mehrheit im Parlament.

Die DSS habe schon längst die regierende Koalition verlassen, erkärte Djindjic. Mehrmals habe Kostunica die Arbeit der serbischen Regierung und des Parlaments blockiert und dringende Reformen gebremst. Vertreter der DSS hatten sich schon vor Monaten demonstrativ aus der serbischen Regierung zurückgezogen. Djindjic warf Kostunica vor, mit der Gefolgschaft von Slobodan Milošević im Parlament gemeinsame Sache zu machen.

Den Vorwand – insgesamt fünfzig DOS-Abgeordnete, die am häufigsten die Parlamentssitzungen „schwänzten“, durch Nachrücker zu ersetzen – bezeichenten Mitglieder der DSS als einen „gesetzwidrigen, dreckigen politischen Trick“, mit dem Ziel, ihre Partei zu „marginalisieren“. Diese „politische Manipulation“ solle die absolute Herrschaft von Djindjić und seiner Gefolgschaft sichern, erklärte Vizepräsident der DSS, Dragan Marsicanin. Es seien die gleichen Methoden, wie sie Slobodan Milošević verwendet habe. Auch einige Vertreter der Sozialdemokratische Partei (SDP), die sonst zu Djindjić hält, kritisierten die „gefährliche“ Entscheidung des DOS-Präsidiums, denn solche Methoden könnten nur allzuleicht zur „Diktatur oder zum Chaos“ führen.

Kostunica kündigte im Gegenzug an, er werde alle Abgeordneten aus dem Parlament und Vertreter der DSS aus allen serbischen Institutionen zurückzuziehen und eine Schattenregierung zu gründen. Die DOS hat im Jahr 2000 mit Vojislav Kostunica als Spitzenkandidat die Parlamentswahlen und den Kampf gegen Milošević gewonnen. Laut Umfragen ist der Bundespräsident immer noch der populärste Politiker in Serbien. ANDREJ IVANJI