„Ein harter Schlag für den Ökolandbau“

Nach dem bislang größten Skandal in der Branche fordert NRW-Ministerin Bärbel Höhn, die Schwachstellen im Kontrollsystem aufzuspüren

taz: Verbotenes Gift im Bioweizen – und dann auch noch vertuscht, bis die Verbraucher alles gegessen haben. Das sieht nicht gut aus für die Branche.

Bärbel Höhn: Der Verursacher hat dem Ökolandbau schwer geschadet. Das ist natürlich ein harter Schlag. Das festgestellte Herbizid Nitrofen ist ja sogar im konventionellen Landbau verboten. In meiner bisher siebenjährigen Amtszeit ist mir ein Fall von dieser Dimension noch nicht untergekommen.

Ist damit das von grünen PolitikerInnen verkündete Ziel von zwanzig Prozent Ökolandbau in Gefahr?

Das Vertrauen der Konsumenten kann nur dann wiedergewonnen werden, wenn jetzt sehr schnell und offen gearbeitet wird. Man muss also genau untersuchen, was geschehen ist, und dann die Konsequenzen ziehen.

Was lief denn eigentlich schief?

Zuerst ist festzustellen, dass bisher die Kontrollen im Biobereich sehr gut funktioniert haben. Sie sind im Gegensatz zum konventionellen Bereich flächendeckend und nicht nur stichprobenartig. Das Nitrofen wurde ja auch gefunden. Nur die Weitergabe an die Behörden hat nicht funktioniert. Ein verbotenes Mittel muss in jedem Fall gemeldet werden, auch wenn es wie hier bei freiwilligen Kontrollen eines Betriebs entdeckt wurde. Das Ökokontrollsystem arbeitet auf privater Basis. Es muss von den Biolandbauverbänden festgestellt werden, warum die Daten nicht sofort an die staatlichen Stellen weitergegeben wurden. Das ist eine Selbstverständlichkeit. In Zukunft muss der schnelle Informationsfluss gesichert sein.

Musste es nicht früher oder später auch im Biobereich zu einem solchen Pestizidfund kommen?

Je mehr sich der Ökolandbau ausbreitet, desto mehr sind natürlich Leute dabei, die das nicht aus Engagement heraus machen, sondern rein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Von daher ist in einer solchen Phase der Ausbreitung wichtig, dass man feststellt, wo vielleicht noch Schwächen im Kontrollsystem liegen.

Mit einem Verbraucherinformationsgesetz will Ihre Berliner Kollegin Renate Künast transparenter machen, was in den Produkten steckt. Wegen der Opposition der unionsregierten Länder hängt das Gesetz im Bundesrat fest. Wird der Skandal dem Vorhaben nützen?

Das Gesetz ist wichtig, weil wir es für die Stärkung der Verbrauchermacht brauchen. Ich kann deshalb nur hoffen, dass die Union jetzt ihren Widerstand aufgibt und zustimmt. INTERVIEW: REINER METZGER