vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

„Was soll man sonst mit seinem Leben machen, als es versauen?“, fragt frech das Obdachlosen-Theater Die Ratten 07. Hätte der junge Arbeitslose Kasimir ein ähnlich stabiles Selbstbewusstsein gehabt, vielleicht liebte ihn Karoline immer noch. Die Ratten 07 spielen Horváths berühmtes Stück „Kasimir und Karoline“ in der ehemaligen Garage von Honeckers Fahrbereitschaft (ab 30. 5., Volksbühne, Spielort Straßburger Str. 6–9). Ziemlich versaut sieht es nicht nur im Leben, sondern auch in der Wohnung von Lis Mutter aus. Denn die sammelt Müll. Li muss die Sachen sortieren und die Mutter behauptet: zwei Dämonen, Herr Polter und Herr Geist, halten sie gefangen. Suzanne Osten hat über die eigene Kindheit mit einer psychotischen Mutter einen Roman geschrieben. Erik Uddenberg hat den Stoff dramatisiert, am carrousel-Theater inszeniert ihn Hausherr Manuel Schöbel („Polter, Geist und Li“, Premiere heute). Die Herren, denen wir im Maxim Gorki Theater in einer Altbauvilla begegnen, planen eine Welt, in der Ausrutscher wie ein versautes Leben nicht mehr vorkommen sollen. Allesamt gehören sie zu einer geheimen Projektgruppe, die eine Ostseeinsel in eine Idealwelt verwandeln soll. „Republik Vineta“ heißt Moritz Rinkes poetische Satire, die in Berlin jetzt Stefan Otteni inszeniert (Premiere 31. 5.). In einer Villa, wohin man sich vor der großen Pestepedemie von 1348 zurückzog, spielt auch Boccaccios „Decameron“. Draußen herrscht der Tod, drinnen die Liebe. In den Sophiensaelen zeigt die neue Kerkhof-Produktion ihre Version dieses Klassikers der erotischen Literatur: „Die schöne Nacht“ (ab 30. 5.). Dass die größten Liebes-Revolutionen eher kühl vonstatten gehen, hat Goethe mit seinem Beziehungsdrama „Stella“ vorgeführt, das Stephan Kimmig jetzt am Deutschen Theater inszeniert (Premiere 30. 5.).

Anregungen: vorlauf@taz.deMorgen kommt Kunst