KOLUMBIEN: DIE EU MUSS DIE MENSCHENRECHTSLAGE GENAU BEOBACHTEN
: Wahlsieg für die Militarisierung

Erneut hat die Farc-Guerilla die kolumbianische Präsidentenwahl entschieden. Vor vier Jahren lud sie vor der Wahl einen Vertrauten des konservativen Kandidaten Andrés Pastrana in den Urwald und signalisierte damit, mit wem sie verhandeln wollte. Pastrana siegte und begann mit der Guerilla einen dreijährigen diplomatischen Schaukampf, bei dem keine Seite nachgab. Mit ihrer Strategie, Pastrana vorzuführen und schließlich den Abbruch der Friedensgespräche zu provozieren, hat die Farc jetzt den Sieg des rechten Hardliners Álvaro Uribe geradezu erzwungen.

Weniger Lust am Krieg als schiere Verzweiflung trieb die WählerInnen in die Arme jenes Politikers, der seit Jahren eine kompromisslose Bekämpfung der Guerilleros verspricht. Zu Recht geißeln Menschenrechtler seine Nähe zu den erstarkten Paramilitärs. Doch Uribe ist weder ein Hasardeur noch ein rückwärts gewandter Rechtspopulist. Geschickt gelang es ihm, aus der Stimmung gegen die Guerilla und zugleich aus der Verdrossenheit über die korrupten Traditionsparteien Kapital zu schlagen. Zwar wird die Militärhilfe aus Washington nun noch üppiger fließen als bisher. Doch bei aller Kriegsrhetorik ist Uribe durchaus klar, dass ein militärischer Sieg über die Guerilla unmöglich ist. Mittelfristig führt an Verhandlungen mit internationaler Vermittlung und nach klaren Spielregeln, die für alle Seiten gelten müssen, kein Weg vorbei. Im Anti-Guerilla-Krieg werden die oft symbiotischen Beziehungen zwischen Paramilitärs und Armee stillschweigend toleriert – nicht nur von den jeweiligen kolumbianischen Regierungen, auch von Washington. Selbst die Europäer haben sich in dieser Frage bisher diskret zurückgehalten.

Wirtschaftshilfe und politische Rückendeckung für Kolumbiens Regierung müssen jetzt viel enger an die Menschenrechtslage gekoppelt werden, gerade bei einem Präsidenten Uribe, der sich als Demokrat gegen die Gewalt von links und rechts profilieren möchte. Die USA stehen in diesem Konflikt an der Seite Uribes – höchste Zeit, dass die EU ein vermittelndes Gegengewicht zu den Militaristen auf allen Seiten bildet. GERHARD DILGER