Atomgeschäfte? Kein Thema!

Auf der Eon-Hauptversammlung interessiert sich niemand so richtig für die neue Zusammenarbeit des Konzerns mit der Skandal-Atomanlage in Sellafield

BERLIN taz/dpa ■ Der Deutsche Energieriese Eon hat Ende letzter Woche einen neuen Vertrag mit der britischen Atomanlage Sellafield abgeschlossen. Nach Angaben der Betreiberfirma BNFL geht es darin um die Wiederaufarbeitung von Eon-Brennstäben und die Lieferung von daraus gewonnenen MOX-Brennstoffen. Dem Umfang nach handelt es sich um das größte Einzelgeschäft der MOX-Anlage und bindet einen großen Teil der Anlagenkapazität über die nächsten Jahre. BNFL-Chef Normen Askew sagte: „Dieser Vertrag ist ein wesentlicher Schritt für unsere Zukunft und bestätigt den großen Kundenbedarf für unser Werk.“

Greenpeace sieht das anders. „Der Name Sellafield steht für Schlamperei, Störfälle und Verstrahlung“, erklärte Greenpeace-Energieexpertin Susanne Ochse. Wer wie Eon mit dieser „Skandalanlage Geschäfte macht, ist mitverantwortlich für radioaktive Verseuchung der Umwelt“. Die irische Regierung hat vor dem Seegerichtshof in Hamburg gegen die Anlage geklagt, um eine weitere Verstrahlung internationaler Gewässer zu verhindern. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

Derlei beschäftigte die Aktionäre gestern bei der Eon-Hauptversammlung in Essen allerdings nicht. Dort konzentrierte sich Vorstandschef Ulrich Hartmann auf den Weg in die neue Zeit. Eon werde die Tauschoption wahrnehmen, die der Konzern Anfang des Jahres mit BP vereinbart hatte: BP bekommt die Eon Anteile – 49 Prozent – an Veba Oel. Im Gegenzug erhalten die Essener die von BP gehaltenen Ruhrgas-Aktien. Am 1. Juli wird das Geschäft perfekt, was Eon 3,3 Milliarden Euro in die Kassen spülen wird.

Vor den rund 5.000 Aktionären in der Essener Grugahalle bekräftigte Hartmann, Eon bastle außerdem weiter an der – umstrittenen – Übernahme der Ruhrgas AG. Nach dem Veto des Bundeskartellamtes vom Januar und der Ablehnung der Monopolkommission der Bundesregierung ist das nur mit einer Ministererlaubnis möglich. Und für die trug Hartmann gestern „gute Argumente“ vor: Die Übernahme sei sowohl für das Unternehmen wie auch für die Versorgungssicherheit in Deutschland insgesamt notwendig.

Auch Greenpeace war gestern zur Eon-Hauptversammlung nach Essen gereist. Vor der Grugahalle demonstrierten Aktivisten gegen die Einkaufspolitik in Osteuropa. Die Umweltschützer werfen Eon vor, mit Strom aus osteuropäischen Kernkraftwerken Geld zu verdienen. Die Beteiligung Eons an zwei Energiehändlern in Russland und Litauen könnte die Laufzeit veralteter osteuropäischer Atomtechnik verlängern. NICK REIMER