Naschkatzen sind bessere Menschen

Vor allem beim Verkauf von Schokolade hat der Anteil fair gehandelter Produkte zugenommen. Aber auch Tee, Kaffee und Orangensaft legten zu. Lediglich bei Teppichen, die ohne Kinderarbeit hergestellt werden, sank der Absatz

BERLIN taz ■ Wenn Schokoladenwrbung besonders schlecht ist, spielt sie auf das schlechte Gewissen an: Schokolade muss leicht schmecken und möglichst noch Vitamine enthalten. Immer mehr Schokoladenesser achten jedoch beim Kauf ihrer Lieblingssorte auf ein anderes Kriterium: Stammen die Kakaobohnen aus fairem Handel? Um 24 Prozent nahm der Verkauf solcher fair gehandelter Schokolade im vergangenen Jahr zu. Das gaben Transfair und Rugmark, die Inititativen für gerechten Handel, gestern in Bonn bekannt.

Die beiden Intitiativen vergeben ein Siegel für Produkte, die nach den international festgelegten Kriterien eines fairen Handels hergestellt werden. Dazu gehört, dass Bauern in den Entwicklungsländern Preise gezahlt bekommen, die deutlich über dem Weltmarktniveau liegen. Die Ware muss direkt beim Erzeuger gekauft werden. Kinderarbeit ist verboten.

Auch der Absatz von Tee, Kaffee und Organgensaft legte im vergangenen Jahr zu: Kaffee, um knapp ein Prozent auf 3.127 Tonnen, fair gehandelter Tee um elf Prozent, ebenso Orangensaft. Insgesamt wurden in Deutschland mit dem Transfair-Siegel ausgezeichnete Waren im Wert von 56 Millionen Euro verkauft – vier Prozent mehr als im Vorjahr. Je nach Produkt liegt der Anteil am Gesamthandel jedoch nur zwischen einem und drei Prozent. Beinahe jedes zweite Produkt ist darüber hinaus nach ökologischen Kritierien hergestellt worden und trägt ein Biolabel für umweltverträglichen Anbau.

Als Grund, warum der Absatz von fair gehandelten Produkten seit zwei Jahren erstmals wieder gestiegen ist, nannte Transfair-Sprecherin Claudia Brück die Einführung der „fairen Woche“. Sieben Tage lang machten im Herbst Prominente Werbung für den gerechten Handel. So frühstückten die beiden Tatort-Kommissare Dietmar Bär (alias Freddy Schenk) und Klaus Behrendt (Max Ballauf) vor laufender Kamera in einem Kölner Weltladen. Mutter Beimer aus der Lindenstraße trank zusmammen mit Exarbeitsminister Norbert Blüm auf der Messe Anuga sozial gerechten Orangensaft aus einem Fünfliterkelch.

Womöglich habe aber auch das entwicklungspolitische Bewusstsein seit dem 11. September zugenommen. Brück: „Selbst Bundespräsident Rau hat Fairtrade und Rugmark in seiner Berliner Rede erwähnt. Seine Argumentation: Fairer Handel sorgt für Gerechtigkeit und hilft, Terror zu vermeiden.“

Die Initiative Rugmark, die ein Siegel für „Teppiche ohne Kinderarbeit“ vergibt, hat 2001 hingegen weniger Absätze erzielt als im Vorjahr. Es seien Rugmark-Teppiche im Wert von 96,6 Millionen Euro verkauft worden, dreieinhalb Prozent weniger als im Vorjahr, so Brück. „Das liegt am Gesamttrend der Teppichbranche, die sich in einer sehr schlechten wirtschaftlichen Lage befindet.“

Dennoch seien allein in Deutschland aus den Lizenzgebühren 1,5 Millionen Euro zusammengekommen. Diese würden zur Rehabilitierung ehemaliger Kinderarbeiter genutzt. Rugmark-Inspektoren kontrollieren rund 35.000 Knüpfstühle in Indien und Nepal und seit letztem Jahr auch in Pakistan. In Nepal, wo Teppiche das zweitwichtigste Exportprodukt sind, werden 60 Prozent aller Herstellungsstätten geprüft.

KATHARINA KOUFEN