Modell aus originalem Cheops-Stein

Wenn jahrhundertelange Mythenbildung konkrete Forschungsergebnisse ersetzen muss: Ausstellung über Baupraxis, Historie und Rezeption der ägyptischen Pyramiden im Museum für Kunst und Gewerbe

Um den Tod zu überwinden, scheuten sie keinen Aufwand. Keine Kultur hat wie die der alten Ägypter über Jahrtausende versucht, im Dies- und Jenseits statische Bedingungen zu erzeugen: Generelle Neuerungsfeindlichkeit, Tempel und Gräber in ungeheueren Dimensionen und Erhaltung der Körperhülle durch Mumifizierung.

Sicher gründet sich Ägyptomanie auch auf diese Todesfaszination. Wenn jetzt das Museum für Kunst und Gewerbe den Pyramiden eine Ausstellung widmet, so kann auch dieses in Inszenierungen geübte Haus keine Originalbauten vorweisen. Aber immerhin ein Modell der Cheopspyramide, aus Original-Stein gearbeitet. Und neben Bildtafeln gibt es viel Originalmaterial, das Leben und Sterben um 2700 v. Chr. im Alten Reich veranschaulicht.

Als Erfinder der Pyramide gilt Pharao Djoser. Sein Baumeister Imhotep galt den Späteren als Gott. Aber da ist man schon bei der Wirkungsgeschichte der ägyptischen Bauformen. Diesem Nachleben ist etwa die Hälfte der Ausstellung gewidmet: Von der Cestiuspyramide in Rom zu den Parkpyramiden des Hermann Fürst von Pückler-Muskau in Branitz bei Cottbus, von pyramidenförmigen Kaminuhren über ägyptisierende Kleider aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts bis zur Verwendung in Werbung und Tourismus reichen die Beispiele.

Die Absicht allerdings, mit den Pyramiden für den toten Pharao ein Heim für alle Ewigkeit zu erbauen, ging gründlich schief. Und das auch deshalb, weil sich der ägyptische Priesterapparat schon nach Jahrzehnten dem dahingegangenen Machthaber nicht mehr verpflichtet fühlte und die zu bewahrenden Geheimnisse verriet.

Aber nicht alles wurde aufgedeckt: Immer noch sind manche Baudetails im Inneren der Cheopspyramide nicht geklärt. Mit den aktuellen Forschungen Rudolf Gantenbrinks mittels eines Videoroboters endet der Ausstellungsrundgang – und lässt Fragen offen. Doch die Pyramiden sind darüber erhaben. Schließlich sind sie das einzige der sieben Weltwunder der Antike, das einen eigenen Mythos begründet hat. Dabei ist das eigentlich ein Sieg der Masse über die Eleganz vernünftiger Baukonstruktion – schließlich ist es nur die schiere Anhäufung von Steinen, die sich Naturkraft und menschlicher Destruktion widersetzt hat. Hajo Schiff

Die Pyramide – Haus für die Ewigkeit, Museum für Kunst und Gewerbe, Di - Sa 10–18, Do bis 21 Uhr; bis 11. August. Begleitbuch: 204 Seiten, 20 Euro;