Siemens-Hochhaus kostet mehr

■ Vertrauliche Berechnung des Behörden-Umzuges: Statt bisher 789.000 Euro zahlt Bremen 1,26 Millionen pro Jahr

Die Stadtgemeine Bremen ist der größte bremische Immobilienbesitzer, 1.570 Gebäude mit insgesamt 2,6 Millionen Quadratmetern Bruttogeschossfläche und einem „Zeitwert“ von 2,6 Milliarden Mark schätzten die Wirtschaftsprüfer von McKinsey im Jahre 1997 das Vermögen. Und stellten fest: Bremen könnte enorm sparen, wenn dieser Immobilienbesitz kaufmännisch professionell verwaltet würde.

Vier Jahre später, im März 2001 musste der für die Immobilien verantwortliche Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) einräumen, dass der von McKinsey beklagte Zustand noch nicht abgestellt sei. „Kein Unternehmen würde seine Immobilienwerte so behandeln, wie wir das im Öffentlichen Dienst tun“, formulierte Perschau. Konkretes Beispiel: Wenn die Stadt eine Immobilie verkommen lässt, „spart“ das (Instandhaltungs-)Geld in der kameralistischen Haushaltsführung. Und kostet später umso mehr, wenn alles saniert werden muss.

Am Dienstag dieser Woche sollte der Senat sich mit einer Beschluss-vorlage des Finanzsenators befassen, die einen Blick auf die aktuelle Art der Immobilienbewirtschaftung erlaubt. Der Vorgang ist dem Finanzsenator offenbar peinlich: Eine Veröffentlichung des internen Vorganges sei „nicht vorgesehen“, heißt es in dem Papier. Inzwischen wurde es offiziell sogar zurückgezogen, es soll überarbeitet werden.

Aber das Problem ist damit nicht gelöst: Abteilungen des Sozialressorts, des Bauressorts und das Stadtplanungsamt ziehen nicht ins Siemens-Hochhaus, weil das Kosten sparen würde. Im Gegenteil: Obwohl die Zahl der Mitarbeiter seit Jahren abnimmt, kostet die Miete für die neuen Räume im Siemens-Hochhaus satte 472.000 Euro pro Jahr mehr als bisher für die Büromieten bezahlt wurde. Und obwohl der Senat sich mehrfach mit dem Thema befasst hat, sind die Kosten für die diversen Umzüge nicht im Haushalt eingeplant. Auch die Mehrbelastung bei der Miete ist „in den Haushalten 2002 und 2003 nicht eingeplant“.

Das Stadtplanungsamt zum Beispiel hat bisher Räumlichkeiten für 239.300 Euro angemietet, die Miete im Siemenshaus kostet 679.800 Euro. Im Falle des Sozialressorts wurde bisher pro Jahr 549.700 Euro Miete gezahlt, demnächst nur noch 409.600 Euro. Theoretisch wäre da etwas zu sparen, der Vermieter in der Großen Weidestraße, der alten Heimat dieser Abteilungen, konnte traumhafte 14,46 Euro pro Quadratmeter kassieren. 1.127 Quadratmeter werden frei. Aber „hieraus erwächst keine Mieteinsparung“, schreibt der Finanzsenator, weil Bremen „als Hauptmieter die volle Miete“ für das ganze Haus zahlt, auch wenn eine Etage leer steht.

Insgesamt, fasst der Finanzsenator zusammen, könnten die von McKinsey 1997 empfohlenen Regeln kaufmännischer Liegenschaftsbewirtschaftung im Falle Siemens-Haus „nicht vollständig“ angewendet werden.

Dumm gelaufen ist auch die Umzugsplanung. Denn zusätzlich zu der Mehrbelastung bei den Mieten entstehen Umzugskosten. Eine ganze Seite lang ist die Liste von „Positionen, die noch nicht berechnet oder beauftragt wurden“. Von Garderobenschränken und der Netzwerkanbindung bis zur Renovierung der frei werdenden Räume wurden Positionen in der bisherigen Kosten-Kalkulation vergessen. Macht unter dem Strich mehr als zwei Millionen Euro, die bisher nicht berücksichtigt sind.

Im Februar 2002 hatte die Bürgerschaft über das Siemens-Hochhaus debattiert. „Das Siemens-Hochhaus ist ein Symbol für die Misswirtschaft der großen Koalition“, hatte da die Grünen-Fraktionssprecherin Karoline Linnert gesagt. Sie musste sich den Vorwurf anhören, sie verstehe nichts von Geld. Und Perschau hatte versichert: „Durch diesen Mietvertrag sind dem Senat keine Nachteile entstanden.“ Vielleicht ist deswegen eine Information der Steuern zahlenden Öffentlichkeit über diese Nachkalkulation „nicht vorgesehen“. K.W.