White etc.

Als Tellerwäscher hat sich der heute 61-jährige Jack White nie verdingt, es aber vom Brötchenausträger zum Millionär geschafft. Damals hieß er noch Horst Nußbaum und lebte in Köln. Der gelernte Außenhandelskaufmann arbeitete später als Marktforscher, Verkaufsleiter, Chef eines Autohauses und Versicherungskaufmann. Den Weg zum Ruhm versuchte er zunächst als Fußballspieler bei Viktoria Köln. Über den FK Pirmasens kam er zum holländischen Spitzenverein PSV Eindhoven, bevor er 1966 zugunsten einer Karriere als Schlagersänger aufhörte. Weil sein Manager aus ihm einen zweiten Roy Black machen wollte, nennt er sich seither Jack White. Mit dem Singen hörte er bald auf und versuchte sich ab 1968 als Komponist und Produzent von Schlagern. In den Siebzigerjahren wurde er eine Art Teamchef der deutschen Schlagersängerauswahl und machte Tony Marshall, Roland Kaiser und Andrea Jürgens zu Stars.

In den Achtzigern stieg er zudem ins internationale Geschäft ein und lieferte für Laura Branigan („Gloria“), David Hasselhoff („Looking For Freedom“) und Engelbert Hits. Mit über fünfhundert Millionen verkauften Tonträgern und mehr als dreihundert „Gold“- und „Platin“-Schallplatten ist er der erfolgreichste deutsche Komponist und Produzent von Popmusik. Seit 1999 ging er mit seiner Firma Jack White AG an die Börse, um einer der größten Musiklizenzrechte-Inhaber der Welt zu werden. In den USA setzt er vor allem auf HipHop.

Seit 1974 fuhr die (bundes)deutsche Fußballnationalmannschaft regelmäßig mit eigenem musikalischem Beitrag zu den Weltmeisterschaften. Der kommerziell erfolgreichste war das 1978 mit Udo Jürgens eingespielte „Buenos días, Argentina“. Sportlich reichte es nur zum Viertelfinale. Das klappte 1990 mit dem Udo-Jürgens-Stück „Sempre Roma“ besser, die Deutschen wurden in Italien Weltmeister. Zuvor hatte die DFB-Auswahl jeweils den Vizeweltmeistertitel gewonnen, was angesichts ihrer Songbeiträge schon sensationell war. Vor Spanien 1982 ließ man Michael Schanze ans Mikro („Olé España!“) und vor Mexiko 1986 Peter Alexander („Mexico Mi Amor“). 1994 endete nicht nur die sportliche Glanzzeit, sondern auch die Sangesgeschichte der Nationalelf mit „Far Away In America“, gesungen mit den Village People.

Auch der DFB gönnt sich einen offiziellen Song: „Running With A Dream“, gespielt vom London Royal Philharmonic Orchestra, gesungen von Musicalstar Anna Maria Kaufmann und Joey Tempest, Exsänger von Europe („The Final Countdown“). Komponiert hat den Titel der Engländer Mike Batt 1997. Die Idee stammt vom damaligen Nationaltrainer Berti Vogts, der ihn als akustisches Markenzeichen der Mannschaft wünschte. Der DFB hofft, dass sich mit diesem Song „alle unsere Fans identifizieren“. Er soll „Ansporn für unsere Jugend [sein], weil er von einem Traum erzählt, der Wahrheit wird – vom Traum einer großen Karriere im Sport, den man sich hart erarbeiten kann“.

„Boom“, der offizielle WM-Song 2002, wird gesungen von der New Yorker Chartsstürmerin Anastacia. Auf der Website „Stopp Anastacia – We Want A Decent Worldcup Song“ meldeten sich tausende Fußballfans zu Wort (www.stopp-anastacia.de). Weil Anastacia „weder eine erkennbare Beziehung zu Fußball und Fankultur noch zu den Gastgeberländern Südkorea und Japan“ habe, wollten sie den Song durch einen „würdigen“ Titel ersetzt haben. Die bekennende Fußballahnungslose Anastacia kann die Aufregung nicht verstehen: „Ich verlange von meinen Fans ja auch nicht, dass sie Noten lesen können.“

GUNNAR LEUE