Konsumenten sollen kaufen, nicht wissen

Trotz Nitrofen-Skandal lehnt Union im Bundesrat ab, dass Ämter zur Information der Verbraucher verpflichtet werden

BERLIN taz ■ CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber hielt sich vornehm zurück. Vor der Abstimmung über das Verbraucherinformationsgesetz der rot-grünen Regierung zeigte er sich gestern in der Lobby des Bundesrates. Die Ablehnung durch die Unionsländer musste am Rednerpult dann aber Bayerns Verbraucherminister Eberhard Sinner (CSU) rechtfertigen. Der bezeichnete den Entwurf aus dem Hause von Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) als „Etikettenschwindel und Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte“.

Das Gesetz sollte ermöglichen, dass die Verbraucher bei staatlichen Behörden alle dort vorhandenen Informationen über Inhalt, Herkunft und Qualität von Produkten abrufen könnten. Zum anderen hätten die Ämter ihrerseits leichter vor schlechten oder potenziell gefährlichen Produkten warnen können.

Der Bundestag hatte das Gesetz mit rot-grüner Mehrheit verabschiedet, doch jetzt ist es gestorben. In der nächsten Legislaturperiode kann die jeweilige Regierung einen neuen Anlauf unternehmen.

Bayerns Verbraucherminister Sinner begründete die Ablehnung des Gesetzes, während alle Welt über die Vergiftung von Bio-Lebensmitteln mit dem illegalen Pflanzenschutzmittel Nitrofen diskutiert. Im Falle von Nitrofen hätte das Gesetz nichts genützt, sagte Sinner. Denn die Behörden hätten gar nicht über die notwendigen Informationen verfügt.

Ministerin Künast hielt ihrem Kollegen aus Bayern vor, sie hätte noch nie einen so „wirren“ Vortrag gehört. „Die Leute wollen wissen, was auf ihrem Teller liegt“, sagte Künast. Es gehe nicht an, dass die Behörden „Geheimwissen bunkern“.

Während das Plädoyer der grünen Politikerin in Bezug auf das Informationsgesetz nichts nutzte, zeigten sich die CDU-Länder bei zwei weiteren Regierungsvorhaben konzilianter. Die beabsichtigte Gründung eines Bundesinstituts für Risikobewertung und des Bundesamtes für Verbraucherschutz wurde immerhin an den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat überwiesen, wo sie in veränderter Form möglicherweise noch beschlossen wird.

Angenommen hat die Länderkammer das Gesetz zum Ökolandbau. Die privaten Kontrollstellen der Biolandwirtschaft müssen Unregelmäßigkeiten in Zukunft immer der zuständigen Behörde melden. Bisher sind sie nur in „besonders gravierenden Fällen“ dazu verpflichtet. Bei Verstoß gegen europäische Ökoverordnungen droht jetzt bis zu ein Jahr Gefängnis. Das gilt auch für falsche Werbung mit angeblicher Ökoqualität. HANNES KOCH

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