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Ökofutter verboten

Nitrofenfunde: Niedersachsen stoppt Bioproduktion bei GS agri. Ermittlungen teilweise eingestellt. Herkunft des Pflanzengifts weiter unklar

von JÜRGEN VOGES und REINER METZGER

Dem großen Futtermittelhersteller GS agri im cloppenburgischen Emstek geht es an die Existenz. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium ordnete gestern die sofortige Stilllegung des kleineren Ökoteils des Futtermittelbetriebes an. Der Genossenschaftsbetrieb macht 10 Prozent seines Umsatzes mit Biomischfutter. Zugleich kündigte jedoch die gestern zugestellte Verfügung den Entzug der futterrechtlichen Genehmigung, also der Betriebserlaubnis, für das gesamte Unternehmen an. Die sofortige Stilllegung des Ökobereichs habe man angeordnet, weil in Ökofutterproben von GS agri erneut Nitrofen nachgewiesen worden sei, sagte der niedersächsische Landwirtschaftsminister in Oldenburg. GS agri kann allerdings Rechtsmittel einlegen.

Den Staatsanwalt müssen die Verantwortlichen bei GS agri allerdings zunächst nicht fürchten. Der Staatsanwaltschaft Oldenburg liegen zur Zeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Unternehmen bewusst nitrofenbelastetes Getreide verarbeitet oder bewusst Futter mit Nitrofen verkauft hat. Wenn die Verantwortlichen fahrlässig gehandelt hätten, sei dies allenfalls eine Ordnungswidrigkeit und falle nicht mehr in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft, sagte gestern der Sprecher der Oldenburger Ermittlungsbehörde, Gerhard Kayser.

Nach der Feststellungen der Staatsanwälte sind bei GS agri Ende März hohe Nitrofenwerte gemessen worden. Das daraus hergestellte Futter sei jedoch bereits verkauft und wohl auch schon verfüttert gewesen. In der aktuellen Produktion hat man zunächst kein Nitrofen gefunden, später dann geringe Konzentrationen, die sich bis Mai wieder steigerten. Zurückgerufen habe GS agri allerdings nur eine Partie Hähnchenfutter.

Das Ermittlungverfahren richtet sich noch gegen den mit GS agri verbundene Geflügelfleischerzeuger „Grüne Wiesen Biohöfe“, der im Verdacht steht, bewusst mit Nitrofen belastetes Fleisch an einen Ökowürstchenhersteller verkauft zu haben.

Nach wie vor gibt es keine Erklärung, woher das seit langem verbotene Nitrofen überhaupt kommt und zu welchem Zweck es ins Getreide gemischt wurde – weder in Niedersachsen noch im Bundesverbraucherministerium in Berlin. Es wird weiter gesucht. Inzwischen geht aber kaum noch jemand davon aus, dass es sich um Importe aus Osteuropa handeln könnte.

Wenn die GS agri dauerhaft als Biofutterlieferant ausfällt, könnten sich neue Probleme ergeben – nämlich Futtermangel bei Puten und Legehennen im Biobereich. Die GS agri ist nämlich der größte Biomischfutterhersteller Europas. Wo das Ersatzfutter in ausreichender Qualität herkommen soll, ist unklar. Das Problem könnte sich auf makabre Art und Weise lösen: Wenn der Absatz von Puten und Eiern weiter zurückgeht, müssten größere Mengen der Tiere vernichtet werden.

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